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Archiv-Artikel

die anderen über den dritten und letzten tv-schlagabtausch im us-wahlkampf zwischen george w. bush und seinem herausforderer john kerry

Die französische Tageszeitung Le Monde aus Paris kommentiert: Entgegen dem, was viele fürchteten, waren die drei Fernsehdebatten zwischen den zwei Kandidaten der US-Wahl von guter Qualität und nützlich, um die beiden Männer, ihren Stil und ihre Ideen zu unterscheiden. Die Kluft ist auf praktisch allen Gebieten zu Tage getreten; in der Außenpolitik wie in der Innenpolitik, zwischen zwei klar bestätigten rechten und linken Polen. Insgesamt gesehen hat es die Übung Senator Kerry erlaubt, sein Handicap gegenüber dem amtierenden Präsidenten zu überwinden, der seit dem Konvent der Republikaner in den Umfragen vorne gelegen hatte. Eine aufrichtige Linke für ein weltoffenes Amerika gegen eine aufrichtige, unilateralistische Rechte – selten war die Auswahl für die Amerikaner so klar und so wichtig.

Der Wiener Kurier schreibt zum gleichen Thema: Sicher ist, dass das Rennen am 2. November äußerst knapp wird. Und dass die USA in zwei etwa gleich große Hälften zerfallen, die die jeweils andere zutiefst verachtet und massiv bekämpft. Das Wahlsystem gibt nicht den direkten Wählerwillen wieder. (…) Anzunehmen ist, dass die Bush-Männer in den verbleibenden drei Kampfwochen Kerry noch eifrig als „gefährlichen Liberalen aus Massachusetts“ verunglimpfen werden.

Ein Präsidentschaftskandidat, der „Terroristen ermorden“ möchte, wäre in Europa chancenlos. Bush wie Kerry betonen – unabdingbar in den verschreckten USA – alle Augenblicke ihren Tötungswillen von „Feinden“ nebst ihrer Religiosität. Schade, dass sie sich nicht auch dem Neuen Testament widmeten. Eine Illusion kann man in Europa begraben: dass es nicht auch mit Kerry heftige Wertedebatten gäbe.

Der Corriere della Sera aus Mailand meint: John Kerry gewinnt, wenn auch knapp, auch das dritte Fernsehduell, seine Urteile sind knapp und bissig, seine vorgebrachten Vorschläge einfach und von klarer Sprache. Aber George Bush hat Teile seiner Verluste wiedergutgemacht. Während er in der ersten Debatte nervös und unbeholfen war, in der zweiten dafür entschlossen, aber zu aggressiv, wirkte er in der dritten Runde vertrauensvoll und entspannt. (…)

Amerika wählt seinen Präsidenten zum ersten Mal unter der Bedrohung des Terrors; aber es ist auch das erste Mal, dass sich das Land derart am Rande einer Finanzkrise befindet. Wer immer am 2. November gewinnt, der steht Problemen gegenüber, die Alan Greenspan, der Chef der US-Notenbank, der sich darüber bereits im kleinen Kreis auslässt, als weitere Seifenblase bezeichnet, die am Zerplatzen ist: Es ist die Seifenblase des überbewerteten Dollars.