der wochenendkrimi : Brauner Sumpf
„Tatort: Odins Rache“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD
Der Zuschauer spürt jeden Tritt. Als vermummte Skins Kommissar Ballauf (Klaus J. Behrendt) in einem Hinterhof zusammenschlagen, wird die entfesselte braune Gewalt konsequent ins Bild gesetzt. Die Genesung des Opfers ist umso fantastischer: Bangt Schenk (Dietmar Bär) kurz nach dem Springerstiefelalarm noch um das Überleben seines Kollegen, sieht man diesen ein paar Szenen später schon wieder aufsässig und auf Krücken durchs Bild humpeln.
So sind nun mal die Regeln des Kölner Tatorts: Während Schenk Selbstversuche anstellt, die mit dem jeweiligen Fall zu tun haben (hier kauft er sich eine Bomberjacke, um die Wirkung des Kleidungsstück auf die Umwelt zu testen), kriegt Ballauf oft ohne Folgeschäden die Visage poliert.
Von diesen Vorgaben löst sich auch Hannes Stöhr nicht, der mit „Odins Rache“ rechtsextreme Codes und Organisationsformen beleuchtet. Der Regisseur und Autor hatte mit „Berlin is in Germany“ 2001 einen der klügsten Filme zur Wiedervereinigung gedreht, ein nachtschwarzes Gegenstück zu „Good bye, Lenin!“. Für diesen Tatort muss er nun das eigene Erzählen gegen das Fernsehformat durchsetzen. Ein Kampf, den schon einige viel versprechende junge Regisseure verloren haben. Doch Stöhr gelingt es, relativ viel Wirklichkeit in den Krimiplot zu holen: Es geht um einen Scharfschützen, der Jagd auf Nazi-Glatzen macht, bei ihren Untersuchungen werden die Ermittler mit den komplexen Strukturen des braunen Milieus konfrontiert. Sie treffen einen an Horst Mahler erinnernden Anwalt, geraten an einen vom Verfassungsschutz eingeschleusten, aber letztlich unkontrollierbaren V-Mann und lernen linken Punk von rechtem Oi-Punk zu unterscheiden. Sehr lobenswert – abgesehen von Schenks bräsiger Begeisterung für die Toten Hosen. CHRISTIAN BUSS