der wochenendkrimi : Hinrichs und der Nebel
„Polizeiruf 110: Matrosenbraut“, So., 20.15 Uhr, ARD
Der Nebel, hier schmeckt er nach Salz. Ansonsten unterscheidet sich die feuchte Luft auf der Ostsee vor Wismar nicht von der auf der Mecklenburger Seenplatte: Sie legt sich wie ein klammer Mantel um die Menschen, die so alleine sind mit sich und ihren Erinnerungen. Kommissar Törner war ja jemand, der stundenlang ins trübe Grau über den Seen um Schwerin schauen konnte. Doch nun ist der Griesgram weg, Kollegen Hinrichs (Uwe Steimle) hat er einen Goldfisch hinterlassen. Hinrichs ist mit dem Haustier zufrieden – ein guter Zuhörer für jemanden, der gerne mit sich selbst spricht. Doch der Ermittler bleibt nicht allein: Markus Tellheim (Felix Eitner), ein Kollege aus Wismar und auch so ein In-den-Nebel-Starrer, bittet um Amtshilfe.
Wie in den vorherigen NDR-„Polizeirufen“ entwickelt sich auch hier über die Kontaktaufnahme zweier Kontaktunwilliger eine eigentümliche Dynamik: Die Braut eines Fischers (Devid Striesow) trieb tot im Hafenbecken von Wismar, und die Ermittlungen führen die beiden durch eine alte Hansestadt, die sozioökonomisch aus dem Takt geraten erscheint.
Regisseurin Christine Hartmann, die zuvor schon mit dem Werften-Tatort „Schichtwechsel“ ein Milieu im Umbruch beleuchtete, inszeniert mit Gespür für die Widersprüchlichkeiten der Umgebung. So muss der Kühlraum einer alten Fischfabrik als Leichenhalle herhalten. Zeuginnen werden vernommen, während sie Rollmöpse zusammenstecken. Gelegentlich verabschiedet man die Polizisten norddeutsch zärtlich: „Willst noch’n Fisch mitnehmen?“
Unverkennbar ist die Handschrift der bisherigen Stammautorin des Mecklenburger „Polizeirufs“, Beate Langmaack, die im ruhigen Erzählstrom die Menschen, Milieus und Schräglagen der Region auslotete. Leider wird das assoziative Krimidrama nun gegen Ende zum banalen Täterrätsel zusammengezurrt. Hoffentlich kein Vorgeschmack auf die nächsten NDR-Episoden – denn auch Langmaack verabschiedet sich von der Serie. Trauriges Mecklenburg-Vorpommern: Alle gehen, nur Hinrichs und der Nebel bleiben. C. BUSS