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der rote faden Von Hackermagie und Wahrscheinlichkeitsfixierungen

durch die woche mit

Meike Laaff

Dann mal rein in den Schlick: Lauwarm ist der Meldungsmatsch des Jungjahres, durch den man stapft – und ebenso widerspruchsvoll wie der von 2016. David Foster Wallace hätte wahrscheinlich einen schön zynischen Titel dafür parat gehabt. Noch einer, der fehlt.

Geheimdienstbericht

Meldung eins: US-Medien berichten am Donnerstag über einen bislang nicht öffentlichen Geheimdienstbericht, der russische Interventionen im US-Wahljahr 2016 und zuvor belegen soll. Russische Offizielle hätten sich nach der Wahl von Trump gefeiert, soll es darin heißen. Außerdem habe man die Akteure identifiziert, über die E-Mails von US-Demokraten, die russische Hacker erbeutet haben sollen, zur Whistle­blowingplattform Wikileaks kamen. Kommende Woche sollen Teile des geheimen Berichtes veröffentlicht werden.

Also endlich Klarheit? Sagen wir mal so: Das Thema ist alles andere als dankbar für Journalisten. Denn die meisten IT-Fachleute halten es sogar für plausibel, dass zum Beispiel hinter dem Angriff auf das Democratic National Committee (DNC) russische Geheimdienste stecken. Doch während das eine Lager dafür längst schon ausreichend Beweise erbracht sieht, wüten andere, wie sehr US-Geheimdienste mit Belegen einer russischen Urheberschaft von Hacks im US-Wahlumfeld geizen. Ein erst wenige Tage alter Bericht dazu von FBI und ­Heimatschutzministerium löste gar Spott und Wut aus. Während wieder andere Beobachter gern betonen, die US-Geheimdienste plus die Obama-Administration müssten intern schon ziemlich harte Belege haben, bevor sie so explizit Russland für die Eingriffe verantwortlich machen. Nur würden Geheimdienste solche Infos halt eben nicht rausrücken . . .

Dresche

Beunruhigend auch, wie die Washington Post in den vergangenen Wochen gleich zweifach für ihre Tech-Berichterstattung Dresche bezog. Erst Anfang Dezember, weil sie einen zweifelhaften anonymen Report groß herausbrachte, der über 200 US-Newsseiten der Streuung von Fake-News aus russischer Quelle bezichtigte. Und dann, kurz vor Silvester, alarmierte sie, russische Hacker hätten sich über ein Kraftwerk in Vermont Zugriff aufs US-Stromnetz verschafft. Anderthalb Stunden später kam die Korrektur. Eigentlich sei nur ein einziger Laptop dort mit Schadsoftware infiziert gewesen – und der habe ohnehin keine Verbindung zum Stromnetz gehabt.

Beunruhigend daran ist zum einen: Fallen im derzeitigen Informationswirrwarr etablierte Medienmarken wiederholt durch Schnitzer in der Tech-Berichterstattung auf, ist das für den öffentlichen Diskurs über diese Themen genauso übel wie für die Reputation der etablierten Medien – weil sich so Pressemotzer, die eh überall Manipulation und Färbung wittern, erst recht bestätigt fühlen.

Fake-News

Außerdem beunruhigt der Reflex. Natürlich Russland, an allem schuld, wer sonst? Im US-Wahljahr 2016 kamen alle realen und vermuteten Angriffe aus dem Digitalen mutmaßlich erst mal aus dem Osten. Was nicht nur ein wenig verwunderlich ist, weil es noch nicht lange her ist, dass der digitale Aggressor im Zweifelsfall immer in China saß, sondern auch, weil Fixierung auf ominöse Hackermagie aus dem Netz auch den Blick auf viele, unter Umständen ganz analoge Faktoren versperren kann, die zu diesem Wahlausgang führten.

Einige sagen, die Russen hätten Lust gehabt, die amerikanische Demokratie zu trollen, und ihre Spuren darum kaum verwischt. Gut möglich. Nur ist es meistens halt komplizierter. Auch andere Länder haben ausgefuchste und invasive Cyberangriffe gegen Staaten und Infrastrukturen gefahren. Nicht zuletzt die USA.

Pressemotzer

Nun ist die Fixierung auf Wahrscheinlichstes, auf einfache Antworten natürlich nicht neu. Solche Effizienz­logik greift allerorten um sich – beeinflusst auch davon, dass wir zunehmend in den Bahnen algo­rithmengestützter Entscheidungsfindungen leben. Wo eine immer größere Rolle spielt, wie Milliarden Datenpunkte verknüpft sind, sind Wahrscheinlichkeiten, Durchschnitte und Gewichte Steuerungsprinzipien und Interpretationsleitbild einer komplizierten Welt zugleich.

Nur logisch also, dass sich dieses Prinzip – die Abkehr vom individuellen Fall, oft genug auch als Kniefall vor der eigenen Überforderung angesichts einer komplexen Welt – auch jenseits der puren Datenanalysen überträgt. Beispiele dafür, dass das Wahrscheinlichste nicht immer das Richtigste ist, gibt es zuhauf.

Kurz, Journalismus als Vertrauensfrage ist immer eine sehr schlechte Idee. 2017 ist allerdings ein besonders ungünstiger Zeitraum dafür.

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