piwik no script img

der rote faden FBI und iPhone: Hintertüren sind das neue Schwarz

durch die woche mit

Meike Laaff

Seit Dienstag ist es nun endlich auch mal offiziell raus: FBI-Chef James Comey will mehr. Es geht ihm beim aktuellen Streit mit Apple nicht nur um das Entsperren eines einzigen iPhones – nämlich das des San-Bernadino-Attentäters. Nein: Sollte Apple wirklich dazu verdonnert werden, seiner Behörde beim Knacken dieser Geräte zu helfen, dann wolle das FBI dies auch in anderen Fällen in Anspruch nehmen. „Natürlich“, wie Comey am Dienstag bei einer Anhörung vor dem US-Kongress sagte.

San-Bernadino-Attentat

Da kümmert man sich als FBI-Chef offenbar nicht mehr um sein Geschwätz von gestern, als von einem Präzedenzfall natürlich noch keine Rede sein konnte und es sich nur um diesen besonders krassen Fall handeln sollte, in dem man Apples Unterstützung benötige.

Richtig verwunderlich ist das nicht – ärgert sich James Comey doch schon seit Monaten kringelig darüber, dass seine Ermittler auf einem riesigen Berg Smartphones sitzen, mit denen sie nichts anfangen könnten. Weil sie fieserweise verschlüsselt sind. Wie immer mehr Dienste und Geräte in der Post-Snowden-Welt.

Wichtig ist das alles, weil es dabei mal wieder um das große Ganze geht. Zurück in die Zukunft – hier kommt das Revival der Cryptowars. Also des Streites darum, ob es das geben darf: verschlüsselte Daten im Netz, an die tatsächlich niemand unbefugt herankommt. Ermittlungsbehörden schreien, sie müssten halt zur Strafverfolgung und Terrorbekämpfung und so weiter Zugriff auf alles haben. Je mehr verschlüsselt werde, desto schwieriger werde ihre Arbeit. Digitalbürgerrechtler, IT-Sicherheitsmenschen und Techfirmen brüllen zurück: Da lasst ihr mal schön die Finger von, sonst ist hier bald gar nichts mehr sicher.

Cryptowars

Weil einmal eingebaute Hintertürchen und sonstige Wege, Verschlüsselung zu schwächen, immer auch von den falschen missbraucht werden können – Kriminellen bis Terroristen. Sodass man die Idee von Sicherheit in Internet und Gerät völlig in die Tonne kloppen könnte. Alles nochmal neu aufgeschüttete Argumente aus dem Sud der Neunziger. In einem Streit, der uns wahrscheinlich auch noch mehrere Jahrzehnte begleiten wird.

Ziemlich – nun, nennen wir es mal: breitbeinig ist dagegen, wie das FBI seine iPhone-Aufknack-Forderungen gegen Apple aktuell so vertritt. Denn: vor Gericht einzufordern, Apple möge den Zugriff auf das Telefon bitte frei machen, nachdem offenbar die eigenen Ermittler ein Stück weit selbst versaut haben, an die Infos auf dem Gerät zu kommen – das muss man erst einmal bringen. Ohne dabei rot zu werden.

Apple-Cloud

Denn vor dem Kongress musste James Comey noch einmal bestätigen: Ja, seine FBI-Leute änderten kurz nach dem Attentat von San Bernadino das Passwort für die iCloud des Täters. Was schon ein bisschen blöd war, vom Federal Bureau of Investigation. Hätten sie damit nicht unterbunden, dass das Smartphone frische Daten in die Apple-Cloud hochlud – dann hätten sie vielleicht schon längst Zugriff auf die gesuchten Informationen darauf. Denn: an in der Cloud Gespeichertes käme Apple ran – anders als auf das passwortgeschützte Smartphone-Gerät, so der Konzern.

Auch wenn das FBI da natürlich widerspricht, könnte man grob verkürzt sagen: Erst scheitert das FBI daran, digital gescheit zu ermitteln. Und verlangt dann, dass Apple ausputzt – und ihnen ein Hintertürchen in seine Software einbaut. Sagen wir mal so: Souverän ist was anderes.

Mark Zuckerberg

Aber darum, irgendwie souverän zu wirken, geht es ja schon lange nicht mehr. In Brasilien nicht, wo man einen Facebook-Vizechef einfach mal kurz in den Knast steckte, weil der sich weigerte, Ermittlungsbehörden Daten des Messaging-Dienstes WhatsApp zur Verfügung zu stellen, der zum Facebook-Konzern gehört.

Auch hierzulande pfeift man auf Stil gerne – wenn man es schaffen will, seinen Punkt klar zu machen. Also, ohne jemandem dabei direkt ins Gesicht sehen zu müssen natürlich. Hier nämlich feiern die Leute in der einen Woche einen Marc Zuckerberg, der Berlin mit einem Besuch „beehrt“, eine Woche lang, als würden Dalai Lama und George Clooney auf einen Tag fallen. Als hätte es nie auch nur einen Hauch von Zweifel an der Großartigkeit aller seiner ­Facebook-Unternehmungen gegeben.

Kaum aber ist der Speichel­lecker-Trief auf den Straßen Berlins getrocknet und der Ausnahmeunternehmer weitergezogen, zeigen wir ihm in dieser Woche mal so richtig, was eine deutsche Bürokratie-Harke ist. Hier: Kartellverfahren. Da: Verurteilung zu 100.000 Euro Ordnungsgeld. Weil: Nutzungsbestimmungen, Datenprofile und so was. Ein Arschtritt durchs Hintertürchen sozusagen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen