der rechte rand : Das Denken bleibt
An der Waldorfschule fallen die rechtsorientierten Jugendlichen nicht mehr auf. An der in Flensburg tat das noch Mitte September eine etwa zehnköpfige Gruppe in szenetypischer Bekleidung. CDs der verbotenen Rechtsrockband „Landser“ wurden getauscht, NPD-Materialien weitergegeben. Inzwischen tragen kaum noch Jugendliche Tarnfleckjacken – aus modischen Erwägungen. „Die Einstellung der Rechten hat sich sicher wenig geändert“, erzählt Raphael. Zu verbalen Bedrohungen jüdischer Mitschüler sei es aber nicht mehr gekommen, berichtet Marcel.
Im September hatten sich Betroffene wegen der rechten Gruppe um eine Schülerin mit NPD-Kontakten an die taz gewendet. „Der Ton des Artikels war zu hart“, meint Marcel bei einer Runde des Schülerforums im Rückblick. Gut fünfzehn 10.- bis 13.-Klässler diskutierten am Mittwoch vergangener Woche über den taz-Bericht. Johann glaubt: „Der Artikel hat aufgeschreckt.“ Zu lange, meinen manche, hätten die Lehrer zuvor die energische Auseinandersetzung gemieden. „Vielleicht waren sie verunsichert“, sagt eine Schülerin.
Unglücklich scheinen viele zu finden, dass die rechte Schülerin die Schule wechselte. Mit ihrem Weggang ging das Auftreten der ganzen Gruppe zurück. Nicht selten werden rechte Jugendcliquen inaktiv, wenn sich die verbindende Person zurückzieht. Das Denken freilich bleibt.
Am Dienstag vergangener Woche setzte sich die Oberstufe der Flensburger Waldorfschule mit dem Problem Rechtsextremismus auseinander. Das Schülerforum hatte sich schon früher einen offensiveren Umgang gewünscht. In Workshops wurde nun auch festgestellt, dass auch andere Schüler nicht frei von rechten Ressentiments sind. Die Polizei berichtete vom „Extremismus“ – rechtem wie linkem. Dass Schleswig-Holstein in der jüngsten Statistik rechtsextremer Straftaten auf Platz fünf vor Thüringen liegt, blieb dabei unerwähnt.