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Archiv-Artikel

der linke mann – das haustier! von GEORG GAFRON

„Werdet nicht weich, wenn er hart wird!“ Über Jahre rief dieser Appell den lieben, alternativen Schwestern unten auf der Straße, die „strukturelle Gewalt der Spezies Mann“ ins Gedächtnis. Nicht weich werden sollt ihr, wenn er Euch sexuell begehrt. Ganze Scharen auf dem Pfad einer vermeintlichen Emanzipation wandelnder junger Frauen haben diese Botschaft in sich aufgesogen. Eben so große Scharen junger Männer mussten zur Kenntnis nehmen, dass entspannter Sex aus purer Lust an der Freude ein verdammungswürdiges Relikt faschistoid-kleinbürgerlicher Verhaltensweisen ist. Kein Wunder, dass in den Wohngemeinschaften der studentischen Generation der späten 60er und 70er so rechte Lebensfreude nicht aufkommen wollte. Dauerreflexion und Seelenexhibitionismus waren angesagt. Ist die Missionarsstellung nicht doch die perfideste Form männlicher Dominanz? Richtige Freude kommt bei solchen Fragestellungen nicht auf. Frustration ist angesagt. Dies umso mehr, als sich die Frauen immer öfter in lumpenartige, weite lilafarbige Gewänder hüllten. Gesicht zur Faust geballt und die Brüste in den Oberarmen – war noch die harmloseste Beschreibung dieser selbst gewollten Art der Entstellung und Entweiblichung. Der schuldbewusste und selbstkritische linke Mann reagierte mit tiefer Verunsicherung. Ist die Penetration der Frau wirklich so ein aggressiver Akt? Hatte Beate doch Recht, als sie gestern sagte, sie könne mein prä-faschistoides Omnipotenzgebahren nicht mehr ertragen. Nächtelange, endlose Diskussionen schlossen sich an. Sanft und verständnisvoll soll der linke Mann sein. Aus dem Wolf von einst wurde so ein domestiziertes Haustier, ein Schäferhund ohne Zähne. Wie in einer Dauerdepression dominieren beim linken Haustier-Mann die ständigen Selbstzweifel. Sie hemmen jegliche Entschlusskraft und Härte. Dabei hatte doch alles rund um 1968 so wild-romantisch begonnen. „Wer zweimal mit der gleichen pennt, gehört schon zum Establishment.“ Mit diesem Schlachtruf wurden die Fesseln in der Tat verlogener, kleinbürgerlicher Moral gesprengt. Da gab es auch noch Bewunderung der Frauen für die Straßenkämpfer à la Joschka Fischer. Ein Anfang, der durch die schnell aufkommende neomarxistische Theoriediskussion erstickt wurde. Für die Frankfurter Schule war die Kleinfamilie ein „Hort der Aggression“.

Das Schlimmste aber war danach die „strukturelle Gewalt der spätkapitalistischen Gesellschaft Bundesrepublik, insbesondere im Verhältnis zwischen Mann und Frau“. Eine gewaltige Zeitgeistströmung, nicht ohne Folgen. Wenn auch bei Weitem nicht alle Männer zu Haustieren geworden sind, so ist doch eine breite Feminisierung, auch in so genannten bürgerlichen Kreisen, eingetreten. Ein Beleg dafür sind die langwierigen und verantwortungsscheuen Entscheidungsprozesse in vielen Etagen von Politik und Wirtschaft. Auch ein Symptom der deutschen Krankheit.

Übrigens: Ich persönlich mag die Frauenbewegung – besonders immer dann, wenn sie rhythmisch ist.