piwik no script img

Archiv-Artikel

der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR

… kennt weder Preise noch Pokale. Eine Auszeichnung für ein gutes, vorbildliches Homo-Leben gibt es nicht, und eine Trophäe für den mit den meisten Liebhabern wurde bislang auch noch nicht ausgelobt. Deshalb erfinden die Schwulen ihre Lobhudeleien selbst. Irgendwelche warmen Worte. Die mit ganz, ganz wenig Preisgeld unterfüttert sind und selbstverständlich nicht – so viel Selbsthass muss sein – an andere Schwule vergeben werden, die tatsächlich in ihrem Leben einiges auf die Beine gestellt haben, sondern vorzugsweise an freundliche Heterosexuelle mit einem Herz für Schwule. Claudia Roth beispielsweise hat mal so einen Makramee-Preis bekommen. Oder die Deutsche Bank – für ihr angeblich schwulenfreundliches „Managementkonzept“.

Jetzt ist wieder so ein Knüller an der Reihe, anlässlich der Christopher-Street-Day-Feierlichkeiten. Alice Schwarzer erhält Ende Juni „für ihr Lebenswerk“ den „Zivilcourage-Preis“ des Berliner CSD-Veranstalters. „Dafür haben wir nicht gekämpft“, kritisiert die Siegessäule, Berlins Monatsblatt für Lesben und Schwule, diese Fehlentscheidung, mit Blick auf den besonderen Anlass. Schließlich gehe es bei der CSD-Parade auch und vor allem darum, sich als Homosexueller zu zeigen: „Die Auszeichnung einer Persönlichkeit, die bislang nie öffentlich zu ihrer Homosexualität stand, wirkt da wie Hohn.“

Auf seine Weise verhöhnt hat der homophile Bundestagsabgeordnete der Grünen, Volker Beck, seine schwule Klasse, für die er so gern den Alleinvertretungsanspruch behauptet. Anlässlich einer Ordensverleihung. Am 4. Oktober vergangenen Jahres erhielt Beck im Berliner Schloß Bellevue aus der Hand von Bundespräsident Johannes Rau das Verdienstkreuz. Zu Recht, kommentierte damals bissig eine „AG Schwulenpolitik“, schließlich habe sich Beck „um die Anpassung der Schwulen und Lesben und ihrer politischen Bewegungen an eine konservativ strukturierte Gesellschaft und ihre bestmögliche Unterordnung unter heterosexuelle Spielregeln verdient gemacht“.

Mit Beck stand an diesem Tag vor dem großen Rau der Hormonforscher und einstige Charité-Professor Günter Dörner, auch „Ratten-Dörner“ genannt. Der bekam das „Große Verdienstkreuz des Verdienstordens“, denn sein Verdienst war es gewesen, nach ausgiebigen Versuchen mit Ratten eine weitere Theorie zur Entstehung von Homosexualität beigesteuert zu haben. Stress im Mutterleib führe dazu, so das Ergebnis der Dörner-Forschungen, und entsprechende Hormonbehandlungen könne Frauen davor schützen, homosexuelle Kinder auf die Welt zu bringen, so die Folgerung.

Was für ein historischer Moment: Dörner und Beck, der ausgewiesene Homo-Feind und der so apostrophierte Homo-Freund, gemeinsam vor Rau, von Insidern auch liebevoll „Johanna“ genannt. Schwule haben tatsächlich Schwierigkeiten mit der Ehre und den Preisen, entweder sie kriegen erst gar keine, weder das eine noch das andere. Oder sie können nicht Nein sagen dazu, auch wenn sie unbedingt ablehnen müssten.