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Archiv-Artikel

den alltag teilen? och nö von WIGLAF DROSTE

Wer war es? Wer brachte die Idee zur Welt, Männer und Frauen sollten gemeinsam den Alltag teilen? Wer ventilierte diesen Krampf? Namentlich ist der Verbrecher nicht mehr dingfest zu machen, aber das Zeug ist in der Welt, hartnäckig und unausrottbar: gemeinsam den Alltag teilen. Und immer schön die Treuepunkte und die Rabattmarken sammeln.

Dabei hört sich das ja nicht einmal gut an. Den Alltag teilen – das klingt so faszinierend wie eine Rolle Haushaltspapier oder eine randvolle Kinderwindel. Es gibt aber Frauen, die ein ganz besonderes Glitzern in die Augen bekommen, wenn sie die fieseste aller Dealerformeln ausraunen: gemeinsam den Alltag teilen …

Was ist da los? Wird Personal gesucht? Ein Hausmeister? Ein Kerl fürs Lästige, der einem etwas in Ödnis und Überlastung geratenen Damenleben den Popo abputzt? Und sich auch brav um die zuvor mit anderen Herren angefertigten Kinderchen kümmert? Zwar wurden diese Herren inzwischen wieder abgeschafft beziehungsweise nahmen sie längst Reißaus, ihre Hinterlassenschaften aber sind noch da. Dafür wird der Alltagteiler benötigt. Der nützliche Idiot ist eine Standardfigur strategisch operierender Kommunisten; Frauen haben dieses sympathische Menschenbild aber auch im Arsenal.

Es ist ja auch so praktisch, sich einen handzahmen Allzweckfredie anzuschaffen, der sich den eher unangenehmen Daseinsaspekten widmet und sich ein Leben überstülpen lässt, das nicht seins ist und das er nie haben wollte. Am besten nimmt die kühl kalkulierende Dame sich einen von der Sorte doof, aber dankbar. Die gehen am besten und halten auch schön lange, mit denen kann man astrein den Alltag teilen respektive den Lebensklumpatsch an ihnen abstreifen. Was so ein zurechtpädagogisierter und psychisch eins a zugerichteter Muttiverlustangstheini ist, macht quasi alles mit. Dem kann man sogar noch ins Gesicht sagen, dass es heutzutage ja so schwer ist, gutes Personal zu bekommen. Der lässt sich auch loben, wenn er fein das Stöckchen geholt hat.

Gemeinsam den Alltag teilen ist der Euphemismus dafür, die Banalitäten des Lebens im Trotteltrott breitzutreten. Man kann dann auch sehr schön „meines Erachtens“ sagen, sich immer wieder dieselben Geschichten erzählen, sie aber auch beim siebzigsten Aufguss noch „hochinteressant“ finden. Und sich regelmäßig darüber wundern (und am besten noch beschweren), wie grau und lahm und fade das Leben ist. Schuld ist selbstverständlich der Heinz, den man sich zum Alltagteilen herangeholt hat und mit dem man im Lebensmatsch herumsitzt. Der ist dann doch nicht so prickelnd.

Ich kann nicht behaupten, die Kunst des Lebens zu beherrschen; möglicherweise besteht sie darin, die gemeinhin „Alltag“ genannten, eher vulgären Lebenskomposita so klein wie möglich zu halten, sie leicht und spielerisch zu handhaben und die freie Sicht auf den großen, magischen Lebenskontinent nicht zu verlieren.

Das ebenso unsittliche wie faszinationsarme Angebot aber, einen gemeinsamen Alltag teilen zu sollen, ist eine heimtückische Offerte. Sie souverän auszuschlagen vergrößert in jedem Fall die Glücksaussichten.