daumenkino : Wrights „Shaun of the Dead“
Mit ausdruckslosen Gesichtern schieben sich die Menschenmassen durch die Straßen. Ihre monotonen Bewegungen gleichen denen von Lobotomierten, die motorischen Routinen signalisieren vollendete Sinnlosigkeit. Es ist ein Bild des Schreckens: Die Untoten schwärmen aus, um die Stadt zu erobern. Der Zombie-Alarm jedoch bleibt aus, es ist nur ein typischer Montagmorgen in der Londoner Rush Hour.
Edgar Wright leistet sich mit seinem „Shaun of the Dead“ Untoten-Witze vornehmlich auf Kosten der britischen Dienstleister-Klasse. Als die Welle der Zombies schließlich über London hereinbricht, unterscheiden sich die Knechte der Dienstleistungsgesellschaft von wandelnden Toten nicht einmal durch ihre schwarzen Aktentaschen.
Edgar Wrigths Film zehrt – natürlich – reichlich von George Romeros Zombie-Trilogie, doch am schönsten lässt sich seine zuweilen etwas pubertäre Satire noch gegen die ersten zehn Minuten von Zack Snyders „Dawn of the Dead“-Remake lesen. Seine „Nine to Five“-Zombies mit glasigem Blick kontrastieren böse die marodierenden Untoten aus Snyders apokalyptischer Suburbia. Doch hier hören die Ähnlichkeiten mit US-Vorbildern schon auf. Denn anstatt in die Shopping Mall ziehen sich die letzten Widerständler aus „Shaun of the Dead“, very british, dahin zurück, wo man „die Ausgänge kennt“ und man „auch mal eine rauchen kann“ – also in den Pub.
Es dauert eine geschlagene dreiviertel Stunde, bis „Shaun of the Dead“ im Romero-Mode angekommen ist. Im Grunde ist Wrights Film eine zu spät gekommene Slacker-Komödie. Shaun, mit dem Mut der Verzweiflung von Drehbuchautor Simon Pegg gespielt, ist ein nicht mehr ganz junger Fachhandelsangestellter ohne berufliche Ambitionen, der seine Freizeit bevorzugt mit seinem nichtsnutzigen Kumpel Ed vor der Spielkonsole verbringt – anstatt mit seiner Freundin. Der Stupor, der diese Zombiekiller umtreibt, macht sie fast unbezwingbar. Als sie im eigenen Garten von zwei halb verwesten Wiedergängern wüst angegangen werden, setzen sie sich mit ihrer eigenen Plattensammlung zur Wehr: der frühe Prince ist als Wurfgeschoss inakzeptabel, die Dire Straits dagegen müssen dran glauben.
„Shaun of the Dead“ ist verschroben genug, um nicht als bloßes Imitat des jüngsten amerikanischen Zombiekultur-Imperialismus durchzugehen. Manche der Witze zielen so tief, dass sie ihr Ziel erst hintenrum zu treffen vermögen. Das Spezialistenwissen dieser Loser ist absolut tödlich. ANDREAS BUSCHE
„Shaun of the Dead“, Regie: Edgar Wright. Mit Simon Pegg, Kate Ashfield u. a., Großbritannien 2004, 96 Min.