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daumenkinoStolz des Heimwerkers

„Darkness“

Wer in einem Horrorfilm Sätze sagt wie „Das werden wir überleben“ oder „Alles ist in bester Ordnung“, hat nicht den Hauch einer Chance. Die Mutter (Lena Olin), die den ganzen Film über mit unterdrückter Hysterie Optimismus verbreitet, endet dann auch dort, wo wir sie meistens gesehen haben, nämlich in der Küche. Was ihr dabei genau zustößt, mag der Film nur andeuten, denn der eigentliche Schrecken, so seine Botschaft, lauert in der Dunkelheit. Da das im Kino konsequenterweise eine schwarze Leinwand bedeuten würde, braucht es dann doch das ärmliche Licht einer bald erlöschenden Lampe, damit wenigstens die beiden Kinder mitkriegen, dass die Reste ihrer Mutter soeben über die Küchenwand verteilt wurden.

Welches Schicksal den Vater (Iain Glen) in diesem Augenblick ereilt, wissen wir nicht so genau. Ein paar Szenen zuvor hat er sich in den Jack Nicholson aus „The Shining“ verwandelt, diabolisches Grinsen inklusive. Jetzt liegt er wahnsinnig geworden oder tot (oder beides) auf dem aufgerissenen Holzfußboden im Wohnzimmer und hat ein Loch im Hals. Der Film möchte uns dabei glauben machen, dass irgendeine mordlustige Sekte mit Blutopfern und verwinkelter Symbolik daran schuld sei, die den Vater vierzig Jahre zuvor bereits einmal beinahe am Wickel hatte.

Dabei wissen es all diejenigen besser, die auch schon, wie die unglückliche Film-Familie, in eine unrenovierte Wohnung umgezogen sind und wochenlang zwischen nicht ausgepackten Kisten in nur halb gestrichenen Räumen ausharren durften. Bis man sich an die neuen merkwürdigen Geräusche gewöhnt hat, weil die Dielen anders knarren als früher und aus der Wand dieses merkwürdige Klopfen kommt, vergehen traumatische Wochen wahren Terrors.

So viel schöner Heimwerker-Horror war selten: Der Wasserhahn brummt bedrohlich, die Elektrizität geht ständig kaputt, der Fußboden ist an allen Stellen schief. Kein Wunder, dass der Do-it-yourself-Dad schließlich durchdreht. Und wie das so ist mit dem Stolz der Heimwerker: lieber einem tausend Jahre alten okkulten Ritus die Schuld in die Schuhe schieben, als zuzugeben, dass man das Loch in der Heizung nicht selbst reparieren kann.

DIETMAR KAMMERER

„Darkness“. Regie: Jaime Balagueró. Mit Anna Paquin, Lena Olin u. a., USA 2002, 102 Min.

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