daumenkino: Scary Movie
Und immer wieder meta. Indem Filme wie „Scream“ & Co die boshaften Regeln des Teenie-Slasherfilms als Déjà-vu bis zum Umfallen wiederkäuten und ihre Nabelschau mit ironischer Selbstdistanz betrieben, überführten sie das Genre mit ziemlichem Erfolg auf die nächst höhere Daseinsstufe. Fortan addierte jede neue „Scream“-Folge nebst zahlreichen Leinwandepigönchen dem Spiel-im-Spiel weitere Game-Ebenen hinzu.
So fand sich die ewig überlebende Neve Campbell im letzten Teil der „Scream“-Trilogie plötzlich in den Film-im-Film-Kulissen ihres Heimatorts wieder. Mittlerweile hat sich das Spiel mit dem Zwischen, Nach und Hinter des Genres in solche Höhen geschraubt, dass der Tod höchstpersönlich an den Regeln weiterschreibt (siehe James Wongs „Final Destination“). Sozusagen auf dem Zenit angekommen, muss die Metastasenbildung jetzt mit anderen Mitteln betrieben werden: „Scary Movie“ kommt als krachlederne Parodie daher. Rotzfrech verleiht Regisseur Keenen Ivory Wayans der inzwischen schon ikonenhaften Scream-Maske eine völlig neue Bedeutung: Der zur weit aufgerissenen Fratze verzerrte Mund flößt keine Angst mehr ein, sondern der Kerl hat mit einigen farbigen Bengels einfach zu viele Joints zu sich genommen und bekommt vor lauter Lachen das Maul nicht mehr zu. Dafür findet der wahre Horror jetzt im Fernsehen statt. Wie ein griechischer Chor kommentiert die bekiffte Clique mit dem Sensenmann in der Mitte das blutige Szenario. Schwarze Teens, bisher nur auf kurze, aber schmerzvolle Gastauftritte abonniert, bekommen den durchblickenden Part zugesprochen. Ansonsten herrscht pure Begriffsstutzigkeit.
Während beim Zuschauer das Läuten des Telefons in der ersten Szene noch als Warnsignal funktioniert, verwickelt die ahnungslose Blondine den Killer am Telefon in ein nicht enden wollendes Gespräch. Bei der anschließenden obligatorischen Verfolgungsjagd glaubt man sich plötzlich der jungen Raquel Welsh gegenüber: Der pralle Busen bleibt stocksteif, und das Messer trifft auf ein formvollendetes Silikon-Duplikat. Ohnehin läuft „Scary Movie“ immer dann zu Hochtouren auf, wenn es darum geht, den adrett durchgestylten All American Teen eins reinzuwürgen. Wobei die Attacken gegen die adrette Adoleszenz diesmal wuchtiger als gewöhnlich ausfallen. Zum Beispiel wenn armselige pubertäre Potenzen zu Spermakanonen mit granatengleicher Rückschlagkraft stilisiert werden. ANKE LEWEKE
„Scary Movie“. Regie: Keenen Ivory Wayans. Mit Shannon Elizabeth, Anna Ferris u. a. USA 2000, 89 Min.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen