das wird: „Der Verlag hat die Bücher als Hamburg-Krimis vermarktet. Ich finde das schade“
Krimi-Autor Leo Hansen will Leuten in der Kneipe Literatur nahe bringen und liest am Tresen vor
Von Wilfried Hippen
taz: Herr Hansen, in Lübeck lesen Sie in einer Kneipe. Wissen Sie, was Ihnen da blüht?
Leo Hansen: Ich habe das ja schon einmal gemacht. Das war zwar eher in einem Café im Hamburger Stadtteil Ottensen, aber einen Tresen gab es da auch. Damals habe ich aus meinem ersten Buch „Alsternacht“ gelesen, denn dort spielte auch eine kleine Szene in meinem Buch.
taz: Sie sind also damals an den Tatort zurückgekehrt?
Hansen: Genau. Das war auch darum interessant, weil man da ja mittendrin ist. Das Publikum sitzt nicht vor, sondern zum Teil neben dir. Die Atmosphäre ist viel lockerer und es werden auch mal mitten in der Lesung Fragen gestellt. Das passiert sonst nie.
taz: Beim Tresen-Lesen werden Sie außerdem durch einen Partner unterstützt. Wer wird das denn sein?
Hansen: Das ist meine Handpuppe mit dem Namen Wolf.
taz: Sind Sie also nicht nur Autor, sondern auch ein Bauchredner?
Hansen: Nein! Das nennt sich Klappmaulpuppenspiel und dabei schaue ich einfach nur die Puppe an, wenn ich mit ihrer Stimme spreche. Das Tolle bei der Arbeit mit einer Handpuppe ist, dass sie Dinge sagen kann, die ich mir als der Autor nicht erlauben dürfte. Der Witz bei meinem Roman „Napoli am Ostseestrand“ ist außerdem, dass es darin eine kleine Szene in einem Puppentheater gibt. Und die spiele ich dann zusammen mit dem Publikum. Ich verteile vorher Zettel mit den kurzen Texten für fünf Rollen und dann lesen wir das gemeinsam als Theaterstück.
Tresen-Lesung, Leo Hansen liest aus „Napoli am Ostseestrand“: 9. 7.,18 Uhr, im Alten Stecknitzfahrer Amtshaus in Lübeck. Am 10. 7. um 19 Uhr liest Hansen in Hamburg im Café Salotto in der Goetheallee 25
taz: Ist Ihre Lesung also auch eine Inszenierung?
Hansen: Das kann man so sagen. Es wurde erforscht, dass die Aufmerksamkeitspanne beim Vorlesen in der Regel zwischen acht und zehn Minuten liegt. Danach sollte man etwas anderes machen. Und da erzähle ich dann frei etwas über die Entstehungsgeschichte des Romans oder mache irgendwelchen Quatsch mit meinem Wolf. Und dann lese ich an einer anderen Stelle weiter.
taz: Auch sonst gehen Sie ja ungewöhnliche Wege, um Ihre Bücher bekannt zu machen. Wenn man im Netz nach Ihnen sucht, ist zum Beispiel der erste Treffer bei Google das Literaturtelefon in Kiel. Was ist das denn?
Hansen: Da habe ich zwei Kapitel aus einem meiner Bücher eingesprochen und wenn man dort anruft, kann man sich die anhören. Es ist schön nostalgisch, das am Telefon zu machen.
taz: Heute macht man so was ja eher auf Youtube.
Hansen: Ich habe auch angefangen, mir eine eigenen Youtubekanal mit dem Titel Hansenkrimi zu basteln, aber der ist mit fünf Videos noch ziemlich rudimentär.
taz: Und worum geht es in Ihrem neuen Roman?
Hansen: In „Napoli am Ostseestrand“ erzähle ich von einem Roadtrip. Da fahren zwei Leute mit ihrem Camper an der Ostseeküste längs und kommen zwischen Neustadt, Schlei und der Flensburger Förde in skurrile und gefährliche Situationen.
taz: Bedienen Sie also mit Ihren Büchern den Markt der Regionalkrimis?
Hansen: Meine anderen Romane handeln von einem Anschlag durch Rechtsradikale oder der Klimakrise. Der erste ist ein Rache-Thriller, der bis zum Ende des zweiten Weltkriegs zurückgeht. Die hätten statt in Hamburg auch genauso gut in München, Köln oder Frankfurt spielen können. Aber da kenne ich mich nicht so gut aus. Der Verlag hat den Büchern dann Titel gegeben, in denen das Wort „Alster“ vorkommt und sie als Hamburg-Krimis vermarktet. Ich finde das schade.
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