das wird: „Tanz soll Lust auf Veränderung machen“
Die Kompanie „Of Curious Nature“ bietet in Bremen eine choreografierte Stadtführung an. Dabei kann man auch mittanzen
Interview Wilfried Hippen
taz: Frau Euler, bei „Bremen tanzt!“ verbinden Sie ein Programm von Tänzen mit einer Stadtbesichtigung. Wie passt das zusammen?
Anke Euler: Wir sind mit dem Ensemble „Of Curious Nature“ verstärkt im Bremer Stadtraum unterwegs. Und bei dem Tanzfest „Into The Streets“ auf dem Bremer Markplatz haben wir gemerkt, dass das die Leute sehr interessiert.
taz: Diese Philosophie des Entdeckens steckt bei Ihrer Tanzkompanie ja schon im Namen.
Euler: Ja, es gehört zu unserer DNA, immer etwas Neues auszuprobieren und aus den Theatern heraus zum Publikum zu gehen. Tanz im Innenstadtraum ist eine tolle Möglichkeit, Kunst zu den Menschen zu bringen. Und als ich von den Ideen des Bremer Senats zum Thema Stadtentwicklung gelesen habe, kam mir die Idee, Tanz und Stadtführung zusammenzudenken.
taz: Da wird also eine Vision von einer Innenstadt der Zukunft getanzt?
Euler: Ja, das Thema Innenstadt ist in Bewegung. In dem Strategiepapier „Centrum Bremen 2030+“ wird formuliert, dass es im Stadtzentrum mehr Freiräume für alle geben soll – mehr Diversität und Dynamik. Darin erkennen wir uns wieder.
Getanzte Stadtführung „Bremen tanzt! – Mit der Tanzkompanie Of Curious Nature durch die Innenstadt der Zukunft“: 6., 13., 20. und 27. 6. jeweils um 13 und um 16 Uhr. Tickets über rausgegangen.de
taz: Aber wie tanzt man das?
Euler:Im Tanz erzählen wir mit unseren Körpern. Das Ensemble „Of Curious Nature“ bewegt das Publikum mit einer emotionalen, facettenreichen Tanzsprache, die die Menschen berührt. Wir zeigen die Stadt aus einer anderen Perspektive und nehmen den Menschen in den Fokus, der sich fragt: Wo fühle ich mich wohl, wo halte ich mich gerne auf, wo finden Begegnungen statt? Die Leute sollen eine Lust auf Veränderung entwickeln und die Aufgabe des Tanzes ist dabei, die Menschen mit ihrer Ausdrucksvielfalt in den Fokus zu rücken. Er soll Lust auf Veränderung hin zu einem menschenfreundlicheren, lebendigeren Zentrum machen.
taz: An welchen Orten werden diese Tänze stattfinden?
Euler: Wir beginnen auf der Dachterrasse des Beluga-Gebäudes mit einem ungewohnten Blick von oben auf die Stadt. Dann gehen wir in die Baumwollbörse, die ja ein Symbol für die Geschichte Bremens als Knotenpunkt des Welthandels ist. Außerdem machen wir im neuen Uni-Forum am Domshof, der früheren Bremer Landesbank, Station. Da gibt es einen spektakulären Innenraum, der fast wie ein Amphitheater bespielt werden kann. Und dann besuchen wir noch den Skulpturengarten neben der Bürgerschaft. Da stehen Arbeiten von Gerhard Marcks, dessen Stadtmusikanten jeder kennt. Es gibt dort ein tolles Spannungsverhältnis, wenn die tanzenden Körper auf die Arbeiten des Bildhauers stoßen. Denn Tanz ist ja die bewegte, flüchtige Skulptur.
taz: Ist dies eher ein Programm für tanzaffine Menschen oder für Stadtreisende?
Euler: Unser Kooperationspartner ist die Firma Statt Reisen Bremen und zu deren Kund*innen gehören auch Bremer und Bremerinnen, die mal ein anderes Event in ihrer Stadt erleben wollen. Und so sind wir übereingekommen, dass wir ein Publikum, das sich für Stadterkundungen interessiert, mit Tanz in Berührung bringen. So wird die Tanzkunst auch von Stadtführer*innen begleitet.
taz: Nun ist ja bei solch einer Performance der klassische Unterschied zwischen Bühne und Zuschauerraum aufgehoben. Wird das Publikum da auch selber Teil der Performance?
Euler: Ja, die Zuschauer*innen werden miteinbezogen. Ich kann mir zum Beispiel aussuchen, von wo aus ich mir den Tanz aus welcher Perspektive ansehen möchte. Und in der Baumwollbörse agieren die Tänzer*innen mit Baumwolle und geben diese dann den Zuschauer*innen in die Hand. Aber keine Angst, es ist nicht geplant, dass alle mittanzen müssen.
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