das wird: „In welchem Gefängnis sitzt sie?“
Die Trans*-Drehbuchberaterin Julia Monro gastiert in Oldenburgs Cine K
Interview Wilfried Hippen
taz: Frau Monro, wie wurden Sie zur Drehbuchberaterin bei „Bis ans Ende der Nacht“?
Julia Monro: Diese Anfrage kam im Herbst 2020, als ich die Pressestelle für die „Deutsche Gesellschaft für Transindentität und Intersexualität“ geleitet habe. Das Problem ist, dass in den Medien nicht sehr authentisch über Transmenschen berichtet wird. Doch dann kam ausnahmsweise jemand von alleine auf uns zu. Die wollten gerne für einen Film eine möglichst authentische Transfigur entwickeln. Ich habe mit dem Drehbuchautoren Florian Plumeyer zusammengearbeitet, der mir mehrere Fassungen gezeigt hat. Ich habe dann Hinweise zur Lebensrealität von Transmenschen gegeben, und die hat er in sein Drehbuch einfließen lassen.
Wo zum Beispiel?
In dem Film entwickelt sich eine Romanze zwischen einem Polizisten und einer Transfrau, die etwas auf dem Kerbholz hat und deswegen im Gefängnis sitzt. Mein erste Frage war: In welchem Gefängnis sitzt sie denn, im Männer- oder Frauengefängnis? Da sagte der Drehbuchautor, dass sie da gar nicht drüber nachgedacht hätten. Das ist ja davon abhängig, in welcher Phase der Transition sie sich befindet, ob sie etwa ihre Hormontherapie begonnen hat und ob schon ihre Namensänderung erfolgte. Das sind Fragen, die dann im Drehbuch berücksichtigt wurden.
Julia Monro
1981 geboren, engagiert sich seit 2017 für Trans*-Rechte. Sie hatte in der männlichen Rolle Theologie studiert und nach einem nicht selbstbestimmten Outing 2016 ihr komplettes soziales Umfeld verloren.
Trans*-Drehbuchberaterin ist ein neuer Beruf. Wie sind Sie zu dem Job gekommen?
Ich bin da so reingerutscht, weil ich während meiner Transition selber sehr viele Anfragen zu meiner eigenen Geschichte bekommen habe. Aber ich habe mich geweigert, auf diese Fragen zu antworten, weil ich diese reißerische Berichterstattung nicht haben wollte. Ich möchte nicht, dass die ganze Welt etwas über meine Genitalien lesen kann. Ich haben denen aber meine Gründe erklärt. So kam es dass ich bei Magazinen von großen Fernsehsendern beraten habe.
Daraus hat sich Ihre Drehbuchberatung entwickelt?
Preview und Filmgespräch mit Julia Monro: „Bis ans Ende der Nacht“, Cine K, Oldenburg, 10. 6., 20 Uhr
Ja. Das erste Projekt, das ich beraten habe, war die Fernsehserie „Lindenstraße“. Für die sollte eine Transhauptfigur geschaffen werden.
Haben die das dann gut hingekriegt?
Mir hat gefallen, wie sensibel die mit dem Thema umgegangen sind. Es gab zum Beispiel in einem Drehbuch eine Szene, in der eine Transfrau in einem Supermarkt von einem Typ blöde angepöbelt wird, der sie mit „Du blöde Kuh“ anspricht. Da würde jede Frau sich beleidigt fühlen, aber die Transfrau hat sich darüber gefreut, weil sie ja als Frau erkannt wurde. Das fand ich sehr authentisch.
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