das wird der monat, der wird (6): Aufgestiegen wie eine Rakete
VORSCHAU Heute mit Boris Beckers Sperrmüllgarage, der Gigawoman im Gotthardtunnel und Oliver Kahns Sperre
Chipping Campden, 3. Juni: Bei den „Olympick Games“, seit 1612 nahe Birmingham ausgetragen und Vorläufer der Olympic Games, eskaliert ein Kleidungsstreit: Darf man beim Topevent mittelalterlichen Sportelns, dem Schienbeintreten im Schlammgeviert, Socken tragen? Die Gegner zitieren den Daily Telegraph: „Nur barfuß wird man den historischen Hauch von Britanniens ländlicher Größe erleben können.“
Paris, 5. Juni: Tennisguru Boris Becker verzweifelt an Roland Garros. Im einzigen Grandslam-Turnier, das er nie gewann, verliert sein Schützling Novak Djokovic das Finale. Becker spricht vom „anhaltenden Fluch dieser Drecksasche“. Djokovic klagt: „Wenn Wimbledon Boris’ Wohnzimmer war, ist Roland Garros seine Sperrmüllgarage.“
Paris, 10. Juni: Nach dem EM-Eröffnungsspiel (Frankreich – Rumänien 0:0) geben die Behörden ein optimistisches Erstfazit: „Am 1. Spieltag konnten wir souverän alle Terroranschläge verhindern.“ Kritik an den vielen Hitzeopfern wegen der mehrstündigen Einlasskontrollen weist die Polizei zurück. „Alle Dehydrierten konnten mit Wasserwerfern notrehydriert werden.“Nyon, 11. Juni: Uefaleaks enthüllt Pläne, wonach am Turnier 2020 „mindestens 48 Länder“ teilnehmen sollen. Nur dadurch seien „endlich elektrisierende Klassiker wie Palästina – Moldawien und Lichtenstein – Färöer möglich“.
St. Gotthard, 12. Juni: Vroni Stirnimann, 26, steht nach dem Gewinn des dreitägigen Gigathlon über 200 km wegen ihres Vorsprungs von mehr als sechs Stunden auf die Zweitplatzierte unter Abkürzungsverdacht: Sie sei durch den in der Woche zuvor eröffneten Gotthard-Basistunnel gelaufen statt über die Gipfel. Stirnimann verweist auf die Ausschreibung, da sei von einer Strecke „mit mythenumrankten Brücken, einsamen Säumerpfaden, saftigen Bergwiesen und imposanten Tunnels“ die Rede.
Wiesbaden, 15. Juni: Hobbygolfer Oliver Kahn, sehr gutes Handicap 5, wird vom Deutschen Golfverband an seinem 47. Geburtstag wegen „inakzeptabler Falschnutzung“ für ein Jahr von allen Plätzen ausgesperrt. Grund: Der Extitan bolzt neuerdings einen Fußball im TV-Werbespot für einen Wettmafia-Ableger durch den Sandbunker eines Platzes.
Belgrad, 20. Juni: Am 40. Jahrestag des intensivsten Elfmeters der Fußballgeschichte ist Verursacher Uli Hoeneß zum Bankett nach Belgrad gereist: „Ja, da stieg er auf wie eine explodierende Aktie“, sagt er. Nur Franz Beckenbauer will sich an sein 100. Länderspiel nicht erinnern: „Ja mei … ich hab so oft gespielt und unterschrieben …“
Wimbledon, 27. Juni: „Mit feiner Genugtuung“, so der Guardian, registrieren die Verantwortlichen zum Start der Lawn Tennis Championships das rituelle Ausscheiden Englands in der Vorrunde der Fußball-EM: „Dem Tennis, also uns, bringt es allerdings die verdiente Aufmerksamkeit.“
Marseille, 30. Juni: Wieder Italien, wieder das Aus: Nach dem 0:1 im EM-Viertelfinale gegen die Squadra Azzurra ist Löw, le Teamchef von Le Hommeschaft, „enttäuschd“. Ratlos empfiehlt er der DFB-Führung einen Extratrainer für alle weiteren Spiele gegen die Italiener, „notfalls auch den Rasenstrategen Boris Becker“. Italiens Lyrik-Torwart Gianluigi Buffon dichtet noch auf dem Platz, hingebungsvoll die hilfreichen Pfosten umarmend eine Hymne an das Gestänge („o latte mia“). Und er will jetzt den Cup: „Dann kann ich mit 42 noch Titelverteidiger werden und mich auf 2024 freuen.“ Bernd Müllender
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