das wichtigste : Der zweite Mann
CSU-Abgeordneter Wagner war vermutlich Stasi-Agent. Und stimmte 1972 beim Misstrauensvotum für Brandt
BERLIN dpa ■ Mehr als 33 Jahre nach dem gescheiterten Misstrauensvotum gegen den früheren Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) mehren sich nach einem Bericht des Politikmagazins Cicero Hinweise auf den damaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Leo Wagner. Wagner soll einer der beiden Unions-Parlamentarier gewesen sein, die 1972 dem konstruktiven Misstrauensvotum gegen Brandt die Zustimmung verweigerten.
Laut Cicero war Wagner lange Jahre Mitarbeiter des DDR-Geheimdienstes. Registriervermerke in den so genannten Rosenholz-Dateien wiesen ihn als Agenten der Stasi aus. In dem Bericht untermauert Stasi-Forscher Hubertus Knabe einen seit fünf Jahren bestehenden Verdacht der Bundesanwaltschaft. Wagner hatte stets dementiert, Brandt die zweite Stimme geliefert zu haben.
Ein Stasi-Offizier hatte allerdings laut Cicero ausgesagt, dass man dem hoch verschuldeten CSU-Abgeordneten 1972 ein Bestechungsangebot gemacht habe. Auch der letzte Spionagechef der DDR, Werner Großmann, habe eine Verbindung zu Wagner bestätigt. Aus den Karteikarten der Hauptverwaltung Aufklärung, die die CIA nach dem Ende der DDR an sich bringen konnte, gehe aber eindeutig hervor, dass Wagner 1975 als IM registriert wurde.
Das Misstrauensvotum gegen Willy Brandt war am 27. April 1972 überraschend gescheitert. Damals waren einige Abgeordnete der rot-gelben Koalition wegen ihrer Ablehnung von Brandts Ost- und Deutschlandpolitik zur Union übergetreten. Diese hatte die Gelegenheit nutzen und ihren Fraktionschef Rainer Barzel zum Kanzler wählen lassen wollen. Das schlug jedoch wegen zwei fehlender Stimmen fehl.