das wichtigste : Verdacht auf Folter
Laut einem Zeugen sollen Bundeswehrangehörige in Afghanistan einen Jungen „scheinhingerichtet“ haben
BERLIN ap ■ Deutsche Soldaten haben nach einem Bericht der Berliner Morgenpost in Afghanistan einem Kind eine Pistole an den Kopf gedrückt und sich so fotografieren lassen. Das Blatt veröffentlichte gestern Angaben eines früheren Unteroffiziers, der bei der „Scheinhinrichtung“ 2002 dabei gewesen sein will. Das Verteidigungsministerium forderte den Mann auf, Beweise vorzulegen, „damit wir den Vorwürfen schnell nachgehen können“.
Dem Bericht zufolge geschah der Vorfall bei einer Patrouillenfahrt im Jahr 2002. Ein deutscher Soldat habe einen kleinen afghanischen Jungen zu sich gerufen, ihn in den Schwitzkasten genommen und ihm eine geladene Waffe an den Kopf gedrückt. So habe er sich dann von seinen Kameraden fotografieren lassen. „Der Junge hatte unglaubliche Angst, bis er gemerkt hat, dass er nicht wirklich erschossen wird“, zitierte das Blatt den Soldaten, der in Afghanistan zu den Versorgungseinheiten gehört habe.
Die Soldaten hätten sich bis auf eine Ausnahme amüsiert. Hinterher sei dem Jungen ein Dollar „als Lohn“ in die Hand gedrückt worden. Sein langes Schweigen rechtfertigte der Exsoldat mit den Worten: „Man hält seine Klappe, um die nächsten Monate nicht Spießruten laufen zu müssen.“
Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Winfried Nachtwei, verlangte eine rasche Überprüfung. Im RBB-Inforadio sagte er, wenn sich die Vorwürfe bestätigen sollten, „hätte das eine andere Qualität als diese makabren, obszönen Spiele mit Skelettteilen. Denn hier wäre ein Kind gequält worden, und dies widerspricht diametral dem Auftrag der Bundeswehr“.
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