das wetter: Eintopfpoet
„Es wütet die Wüste wütend“, stabreimte der Dichter Guido Grochowski wie von Sinnen und war doch noch gar nicht recht in Wallung geraten. Noch war er Herr seiner selbst. Aber wenn es ihn erst überkäme und er die Beherrschung verlöre, dann würde es zu spät sein. Er würde ins lyrische Delirium verfallen und ohne Sinn und Verstand Worte aneinanderfügen. Wie in einem Rausch würden sie ihn davontragen ins Reich des Reimens. Ja dann, gute Nacht! „Essen ist fertig!“, rief Mutter Grochowski vom Fuß der Treppe, und der spät berufene Teilzeitdichter sprang einem jungen Füllen gleich die Stufen hinab zum Linseneintopf. Lecker – und doch so gewöhnlich, dachte Guido der Dichter, in dessen Brust, ach, zwei Gefühle kämpften, die er gleich nach den Linsen in güldene Worte fassen würde: „Zwischen Eintopf und Zweifel hin und her gerissen ist der Poet.“
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