das wetter: Königin des Waldes
Frescobaldi galt als bester Wildorgeljäger jenseits der Spätgotik. Hatten die majestätischen Tasteninstrumente die Partituren des wohlklimatisierten Westens einst in großen Herden durchstreift, waren sie längst von Klein- und Nutzvieh wie dem Tuttischwein, der Bratsche und dem Discofox verdrängt worden. Bedenkt man, dass es eine ausgewachsene Wildorgel auf 80 Bruttoregister und Pfeifenspannweiten bis zu 15 Metern bringt, nehmen sich ihre domestizierten Nachfolger, die Kirchenorgeln, kümmerlich aus. Doch nun hatte Frescobaldi feinste Vibrationen im Pedal gespürt und mit dem Bassschlüssel Witterung aufgenommen. Nachdem der Notenkundige dem schwellenden Brausen bis in ein ausgedehntes Adagio gefolgt war, wurde Frescobaldi Zeuge, wie die Königin des Waldes mit geblähtem Balg ein gesamtes Orchester zermalmte.
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