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das wetter: tankward schäumt (6)

Der helle Klang einer Fanfare hallte durch das Burggemäuer. Ritter Tankward zuckte zusammen. Vor dem Tor stand Prinz Hausward, der Thronfolger, mit seinem Tross. Die silberne Rüstung Hauswards spiegelte die Sonnenstrahlen, die sich im Wassergraben der Burg spiegelten. Tankward erblasste. Vermutlich wollte Hausward Tankwards Töchterlein besuchen, doch das lag ja tot im Kerker. Tankward linste über die Zinnen. Jetzt trat ein Knappe in prächtigem Wams an das Tor und schlug mit einem Morgenstern wider das Eichenholz, auf dass der güldene Drachen in der Standarte über dem Wachturm erzitterte. Tankward sah in den Augen Hauswards die Verwunderung, nicht vorgelassen zu werden. Zur Kühlung hatte er das Visier geöffnet. Den Knappen wies er an, in den Graben zu steigen, ihm ein kühlendes Nass zu reichen, das seine von der Hatz durstigen Jagdhunde längst für sich entdeckt hatten. Irgendwo miaute eine Katze. Ritter Tankwards Gedanken überschlugen sich. Hausward und sein Töchterlein? Aber das war immer noch tot. Das Kind jedoch lebte. Und in ihm das Haus Tankward. Da hatte Ritter Tankward die zündende Idee: So schnell er mit seiner scheppernden Rüstung konnte, lief er in des Töchterleins Gemach, warf sich einen ihrer samtenen Umhänge über und zog sich die schwere Kapuze tief ins Gesicht. Sodann nahm er den neugeborenen Knaben auf den Arm und eilte Prinz Hausward entgegen. Als Hausward ihn erblickte, warf er seinen Schild mit den raffiniert ineinander verschlungenen Schlangenköpfen von sich. „Meine Königin“, sagte Hausward überglücklich und hob Tankward zu sich auf das Ross. Dort küsste er ihn lang und innig, bevor sie in die rote Abendsonne davon ritten und sich bis an ihr Lebensende treu blieben.

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