das streiflicht: heute ausnahmsweise auf der wahrheit-seite :
Eigentlich ist es ein Fall für das „Streiflicht“ in der Süddeutschen Zeitung, jene immer leicht verschnarcht daherkommende Glosse auf Seite eins, die gern ein zeitloses Thema auf die aktuelle Lage herunterbricht und in gebildeter Form Adam und Eva, Athen und Rom, Stock und Stein herbeizitiert. Oft werden die Sprache und ihre Blüten in gelehrtem Tonfalle behandelt. Und deshalb ist es fast sicher, dass einer der Schreiber des „Streiflichts“ die gestrige Meldung der Nachrichtenagentur dpa aus Rom gelesen hat. Spätestens in drei Tagen werden wir also etwas über das rhetorische Stilmittel der „Metonymie“ erfahren, ist doch das folgende dpa-Zitat wie geschaffen für einen abschweifenden Exkurs über die ars rhetorica: „Historische Statuen in Rom durch Vandalen schwer beschädigt“. Wie bitte?, wird sich das „Streiflicht“ fragen, die Vandalen sind wieder in Rom? In der Ewigen Stadt, die sie im Jahr 455 n. Chr. unter Führung ihres Königs Geiserich in Schutt und Asche legten? Nein, es handelt sich lediglich um eine Metonymie, wenn nicht um ein Appellativum, bei dem ein Gattungsbegriff durch einen Eigennamen umschrieben wird wie „Casanova“ für „großer Liebhaber“. Hier ist es das Volk der Vandalen, die seit dem späten Mittelalter als Inbegriff für Zerstörer und Plünderer gelten und sich in der dpa-Meldung sozusagen selbst eingeholt haben. Aber, liebes „Streiflicht“, das kannst du doch viel schöner und vor allem viel länger erklären. Wir warten …