das portrait: Hamburgs Hafenboss Angela Titzrath muss gehen
Allzu große finanzielle Sorgen muss sich Deutschlands mächtigste Hafenmanagerin Angela Titzrath nun immerhin nicht machen: Ihr am Montagabend beschlossener Rauswurf bei der Hamburg Hafen und Logistik AG (HHLA), dem zentralen Betreiberunternehmen im größten deutschen Seehafen, dürfte angenehm mit einigen Millionen Euro entschädigt werden. Doch durchaus ernste Sorgen sollten sich nun die übrigen HHLA-Beschäftigten machen: Mit dem Rauswurf Titzraths zeigt das neue, seit Ende letzten Jahres herrschende Gesellschafterduo – die Stadt im Verbund mit der weltgrößten Privatreederei MSC –dass der Wind im Hafenbetrieb nun rauer wird.
Titzrath kam 2017 an die Spitze der HHLA. 2022 wurde sie obendrauf noch Präsidentin des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe, der Arbeitgeberseite im Seegüterumschlag. Vor ihrem Wechsel nach Hamburg hatte die 59-Jährige schon eine längliche Karrierelaufbahn als Unternehmensmanagerin hingelegt, besonders im Daimler-Konzern und im Vorstand der Deutschen Post/DHL.
Titzraths Start bei der HHLA fiel in eine Zeit, als man in Hamburg noch vollkommen ernst mit exorbitanten Wachstumsraten beim wichtigen Containerumschlag rechnete. Bei einem Stand von rund acht Millionen Standardcontainern träumte man von 15, 16 oder 17 Millionen schon in 2030. Tatsächlich aber stagniert der Umschlag seither, lag im vergangenen Jahr immer noch bei knapp acht Millionen. Mit dem Auslaufen der Coronapandemie zeigte sich denn auch, dass die Konkurrenz in Rotterdam und Antwerpen davongezogen war: Eine Krisenstimmung im Hamburger Hafen machte sich breit – und sorgte für Panik bei der Stadt, in dessen Hand sich die HHLA zu diesem Zeitpunkt noch nahezu ausschließlich befand.
Titzrath gehörte nicht zu den großen Befürworter:innen des 2023 angestoßenen MSC-Einstiegs. In den geheim geschmiedeten Plan war die Vorstandsvorsitzende nicht einmal eingeweiht und letztlich vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Ausgeheckt und eingefädelt hatten den allein die drei obersten regierenden SPD-Granden um Bürgermeister Peter Tschentscher. Dennoch schien Titzrath seither weiter in verantwortlicher Position an Bord bleiben zu wollen, um die HHLA aus der gegenwärtigen Krise zu führen. Und auch das Herrschaftsduo Stadt/MSC war einverstanden, verlängerte im vergangenen Jahr gar ihren Vertrag um vier weitere Jahre.
Dass dann doch nicht alles in Ordnung war, deutete sich spätestens vorvergangene Woche an: Titzrath wollte, wie zuvor mit der Stadt und MSC abgesprochen, eine Dividende von 16 Cent pro Aktie auszahlen lassen. Doch die beiden Partner entschieden sich kurzerhand um, senkten den Betrag auf zehn Cent. Titzrath stand blöd da. So könne aber doch die Investitionsfähigkeit der HHLA gestärkt werden, argumentierten Stadt und MSC. Nur: Von den gesparten Millionen dürfte nun aber ein guter Teil in die Entschädigung Titzraths fließen.
Kaum verwunderlich also, dass sich die Opposition in der Hamburger Bürgerschaft nun mit Kritik nicht zurückhält. Von einem „Tollhaus“ spricht die CDU; die Linke sieht die Stadt als Erfüllungsgehilfin von MSC-Interessen gegenüber dem Unternehmensmanagement. „Das ist ein weiterer Schritt des Machtausbaus von MSC“, sagt Linkensprecher Kay Jäger. André Zuschlag
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