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das portraitKostas Tasoulas will Staatspräsident werden und spaltet Griechenland

Foto: Giorgos Konstarinis/ANE edition/imago

Zuerst Bürgermeister, später Vize-Verteidigungsminister, hernach Kulturminister, bis zuletzt Parlamentspräsident, bald Staatspräsident: Kostas Tasoulas, 65, steht zweifelsohne vor dem Höhepunkt seiner Politkarriere. Das Athener Parlament wird den 65-jährigen Juristen aller Voraussicht nach zu Griechenlands neuem Staatspräsidenten wählen. Die Prozeduren dafür beginnen am Samstag. Athener Analysten gehen davon aus, dass Tasoulas gegen seine Mitbewerber den Sack zumacht im vierten Wahlgang, der wohl am 12. Februar stattfindet. Dann ist für seine Wahl nur noch eine einfache Stimmenmehrheit in der ehrwürdigen Boule der Hellenen vonnöten.

Dass Tasoulas nicht schon früher eine breite Mehrheit auf sich vereint hat, liegt nicht nur an seiner oftmals parteiischen Debattenführung, die er als Parlamentspräsident bis zuletzt an den Tag legte. Seine am 15. Januar bekannt gegebene Nominierung durch den konservativen Premier Kyriakos Mitsotakis spaltet Hellas. Sie reißt alte Wunden zwischen der Linken und der Rechten auf, die aus dem Griechischen Bürgerkrieg von 1946 bis 1949 rühren.

Tasoulas ist ein glühender Antikommunist. In der allein in Athen regierenden konservativen Nea Dimokratia (ND) ist er dem nationalistischen Flügel zuzurechnen. Hohe Wellen schlug der Rechtsaußen Tasoulas, für die ND erstmals 2000 ins Athener Parlament einziehend, in einer Parlamentsrede, in der er den damaligen Premier Alexis Tsipras von der radikallinken Syriza scharf angriff.

Tasoulas geißelte Tsipras dafür, dass er Nikos Belogiannis’ gedenke. Belogianniswiederum ist eine Galionsfigur für Griechenlands Linke. Er kämpfte während der deutschen Besatzung gegen die Nazis und im Griechischen Bürgerkrieg bis zu deren Niederlage für die kommunistische Demokratische Armee.

Jahrzehnte später polterte Tasoulas bloß: „Belogiannis’ Anhänger beteuern, er habe für die Demokratie gekämpft. Ich verneine das! Die Etablierung einer kommunistischen Diktatur stellt keine demokratische Tat dar.“ Die Syriza-Parteizeitung Avgi bezeichnete Tasoulas’ Ausraster als „antikommunistisches Crescendo“.

Im April 2022 wiederum wurde bei einer live übertragenen Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj das Statement eines Kämpfers des ukrainischen Regiments Asow, das eine rechtsextreme Gründungsvergangenheit hat, im Athener Parlament eingeblendet – ohne dass Parlamentspräsident Tasoulas darauf reagierte. Mehrere Athener Abgeordnete verließen aus Protest das Plenum. „Nazis wieder im Parlament“, titelte die linke Zeitung Efsyn.

Dass ND-Chef Mitsotakis seinen willfährigen Parteifreund Tasoulas ins Rennen um das Amt des Staatsoberhaupts schickt, widerspricht den hiesigen Gepflogenheiten. Sie ­sehen vor, dass der Regierungschef dafür einen Kandidaten aus dem anderen politischen Lager­ vorschlägt. Das Staatschef soll einen, nicht spalten.

Mitsotakis entschied sich für Spaltpilz Tasoulas. Der ND-Chef will mit der heiklen Personalie die erstarkende Ultrarechte rechts von der ND in Schach halten. Kritiker monieren, Mitsotakis instrumentalisiere die Präsidentenwahl dafür.

Fest steht: Am 16. Januar, dem letzten Tag seiner Amtszeit als Parlamentspräsident, unterschrieb Tasoulas Zuschüsse über eine Million Euro für die orthodoxe Kirche im nordwestgriechischen Ioannina, an das dortige Stadtheater, den dortigen Kulturverein sowie den Bau eines dortigen Militärmuseums. Tasoulas’ Wahlkreis liegt in Ioannina. Klientelismus pur. Ferry Batzoglou, Athen

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