das portrait: Anne Kura will Niedersachsens Grüne umkrempeln
Anne Kura will die niedersächsischen Grünen, die bis vor Kurzem noch in einer Kuschelkoalition mit der SPD steckten, streitbarer und moderner machen. Das ist das erklärte Ziel der 33-Jährigen. „In den letzten Jahren ist das Hinausdenken über das Alltagsgeschäft zu kurz gekommen“, sagt Kura, die für den Parteivorsitz in Niedersachsen kandidiert. Es habe im Vordergrund gestanden, welche Themen man mit der SPD zusammen umsetzen könne. Jetzt, auf Landesebene frisch in der Opposition, sollen die Grünen auch „Themen ansprechen, mit denen man aneckt“, fordert Kura.
Die Osnabrückerin will soziale und ökologische Themen zusammen denken – und die dabei entstehenden Interessenskonflikte aushalten. „Wir wollen einerseits immer mehr erneuerbare Energien. Andererseits müssen wir auch auf soziale Gerechtigkeit achten, damit sich Ökostrom alle leisten können“, sagt sie. „Das müssen wir nicht nur in der Partei diskutieren, sondern auch mit Außenstehenden.“ Damit meint Kura Sozialverbände, Kirchen, Gewerkschaften oder die Industrie- und Handelskammer. „Wir müssen konkret daran arbeiten, dass unsere Gesellschaft nicht weiter auseinanderdriftet.“
Die Europa-Wissenschaftlerin ist ein neues Gesicht auf Landesebene. Obwohl sie schon seit 2016 als Beisitzerin im Landesvorstand sitzt, stand sie bisher nicht in der ersten Reihe. „Es ist nicht verkehrt, den Aufbruch mit einem neuen Gesicht zu verbinden“, sagt sie.
Bisher gibt es noch keine Gegenkandidatin auf dem Parteitag am kommenden Wochenende in Oldenburg. Kura will die Nachfolgerin von Meta Janssen-Kucz werden, die das Amt der Landesvorsitzenden aufgibt, weil sie zur Vizepräsidentin des niedersächsischen Landtags gewählt wurde. Einige Grüne hätten sich nach der verlorenen Landtagswahl für die komplette Doppelspitze der Partei einen Neuanfang gewünscht. Der Vorsitzende Stefan Körner will seine Amtszeit jedoch bis zum Ende durchziehen.
Kura, die wegen ihres Protests gegen Studiengebühren zur Politik kam, hat sich in ihrer Heimatstadt Osnabrück im Stadtrat engagiert und dort in der Stadt für saubere Luft gekämpft. „Es leiden die Menschen, die an den Hauptverkehrsstraßen leben müssen und sich kein Wochenendhaus am Dümmer See leisten können“, sagt sie. Für Kura schwingt die Gerechtigkeitsfrage immer mit.
Sie selbst hatte noch nie ein Auto und fährt lieber mit dem Zug zu Terminen. „Die Verkehrswende ist eines der drängendsten Probleme, sagt sie. Mit den Grünen will sie das auf Landesebene angehen und dabei neue Kampagnen in Niedersachsen ausprobieren. „Dann kommen nicht nur Leute, die wir sowieso schon überzeugt haben.“ Andrea Scharpen
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