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Archiv-Artikel

das hamburger wahlrecht Volk darf bitten, nicht entscheiden

Die Bürgerschaft darf einen Volksentscheid aushebeln, konterkarieren oder in den Papierkorb werfen, bevor dieser angewendet wurde. Sagt das höchste Gericht in diesem Stadtstaat. Dann wird das wohl rechtens sein. Wenn auch so einfach nicht zu verstehen.

KOMMENTAR VON SVEN-MICHAEL VEIT

Nach der Logik dieses Urteils werden Volksentscheide zu besseren Petitionen degradiert. Denn es liegt in der Hand des Parlaments – oder auch nur einer Mehrheitsfraktion – zu entscheiden, ob das Referendum genehm ist oder nicht. Das Engagement der BürgerInnen für die direkte Demokratie wird somit weder gestärkt noch auch nur gelobt. Es wird bestraft.

Einsichtig ist hingegen das Kippen der Relevanzschwelle. Dieser Versuch der CDU, die Voten der WählerInnen in gute und schlechte Stimmen zu teilen, war ein gezieltes Attentat auf die politische Moral. Dahinter stand der Vorsatz, parteiinterne Mauscheleien per Gesetz zu decken. Irreführung der Wähler nennt es das Gericht, und das ist noch höflich ausgedrückt.

Nun wird die Bürgerschaft das von der CDU durchgepeitschte Wahlrecht so ändern müssen, dass es verfassungskonform ist. Das muss zügig erfolgen, und es sollte im Konsens aller drei Fraktionen geschehen. Die Listenaufstellungen der Parteien stehen an, und bis zur Wahl sind es nur noch zehn Monate.

Und die muss auf juristisch unanfechtbarer Grundlage erfolgen. Sonst wird sie zum Urnengang für die politische Kultur.