das europäische detail: Der Teuro
Es gibt Worte, die sind so halbvergessen und doch so bekannt, dass einen fast Zärtlichkeit überfällt, wenn sie einem mal wieder begegnen. Der Teuro zum Beispiel, Wort des Jahres 2002 – lange nicht mehr gelesen, oder?
Dabei hatte uns der Teuro doch so beschäftigt – die reine Angst, das alles viel mehr koste, wenn ab dem 1. Januar 2002 mit dem neuen Bargeld bezahlt würde. Die Deutschen waren in größter Sorge: Sie fürchteten, die glänzenden neuen Münzen aus dem Starterkit (10,23 Euro, Abgabepreis 20 D-Mark) würden ihnen beim Kneipenabend nur so durch die Finger rinnen, weil die geiernden Kneipiers statt umzurechnen einfach das „DM“ in „Euro“ änderten.
Das sei ja auch wirklich so gewesen!, erklärt der Kollege aus dem Kulturressort an diesem Montagmorgen, als wir das Wort auf Twitter entdeckten, wo auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG den Teuro einem „Faktencheck“ unterzieht – und dem Kollegen zum Teil recht gibt: „Ja, generell nutzte der Handel die Euro-Einführung, viele Preise schleichend zu erhöhen.“ Andererseits seien viele Produkte auch wegen erhöhter Rohstoffpreise teurer geworden.
Und: Wurde das Bier nicht auch in den Jahren davor immer teurer? StatistikerInnen sehen den Euro jedenfalls in den meisten Fällen nicht als wesentlichen Preistreiber – anders als VerbraucherInnen, die fleißig Preise umgerechnet haben.
Zumindest das scheint die EuropäerInnen aus Euroländern zu einen: Die Angst davor, dass einem das hart verdiente Geld aus der Tasche gezogen wird. Als Malta und Zypern 2008 beispielsweise den Euro einführten, hatten VerbraucherInnen vorher ebenso Sorge – aber womöglich nicht so ein griffiges Wortspiel? Der Mär nach soll übrigens das Satiremagazin Titanic den „Teuro“ erfunden haben.
Einen richtigen Reibach dagegen können jene Sparfüchse (Reibach! Sparfüchse! Das macht das Wort Teuro mit einem, da kommt die ganze piefige Weltspartag-Spracherziehung hoch) machen, die ihr Starterset in keine Pinte trugen – oder wie die Autorin in einen flamboyant geringelten Schal investierten: Manche Euro-Päckchen, etwa aus dem Vatikan, werden heute ungeöffnet auf Ebay für mehrere Hundert Euro angeboten. Eva Oer
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