piwik no script img

das ding, das kommtUnscharfer Blick

Gesten des Aufstands wie die erhobene Faust der Black Panther Party hat der französische Bildhistoriker Georges Didi-Huberman zuletzt untersucht. Für sein Lebenswerk bekommt er nun den Hamburger Aby-Warburg-Preis Foto: Symbolbild: Archiv

Arme in der Luft, die Faust dem Himmel entgegengestreckt wie die Matrosen in Sergei Eisensteins ikonischem Film „Panzerkreuzer Potemkin“ oder wie die Schiffbrüchigen in ­Théodore Géricaults Gemälde „Das Floß der Medusa“: Die erhobene, gereckte oder geballte Faust als Manifestation des Aufstands ist das Symbol vieler sozialer Bewegungen vom Roten Frontkämpferbund über die Black Panther Party bis zu Feministinnen und den Black-Lives-Matter-Protesten dieses Jahres.

Mit Gesten des Auftands hat sich der französische Philosoph und Bildhistoriker Georges Didi-Huberman 2018 in einem Essay, einer Monografie und einer Ausstellung auseinandergesetzt. Didi-Hubermans Hypothese: Gesten sozialen, politischen und kulturellen Widerstands funktionieren wie Einschreibungen und ihre verwickelten Übersetzungen und ihre Beständigkeit über menschliche Kulturen hinweg. In Dokumenten, Objekten und Bildern erzählen sie uns etwas über die ihnen innewohnenden Werte. Um sie entdecken zu können, muss man allerdings einen unscharfen Blick auf sie werfen, der sich dem Nicht-Sichtbaren zuwendet, dem Fleck, dem Aus-dem-Bild-Gefallenen oder dem Aus-dem-Bild-Ausgemerzten.

Didi-Hubermans Hypothese ist dem Pathosformel-Begriff des deutschen jüdischen Kunsthistorikers und Kulturwissenschaftlers Aby Warburg verpflichtet. Und keiner hat sich um das denkerische Erbe des Begründers der Ikonologie und Gründers der von Hamburg 1933 ins Londoner Exil ausgewanderten Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg so verdient gemacht wie der Franzose, zuletzt in seinem Buch „Das Nachleben der Bilder. Kunstgeschichte und Phantomzeit nach Aby Warburg“.

Für sein Lebenswerk bekommt Didi-Huberman nun den alle vier Jahre vergebenen und mit 25.000 Euro dotierten Aby-Warburg-Preis der Stadt Hamburg. Verliehen wird er am 26. Oktober, dem Todestag Aby Warburgs, im Hamburger Rathaus.Robert Matthies

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen