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Archiv-Artikel

danke, gott, es ist freitag von FRANK SCHÄFER

„Lebt denn der alte Holz-Michel noch“, grölte das ganze Etablissement, als gäbe es Geld dafür. Und auch das Damen-Quartett nebenan offenbarte ihren Unmut mit einer Intensität, dass ihre Tanzpartner nicht umhin konnten, ihnen volle Anerkennung zu zollen.

„Ich habe euch alle gedippt“, schrie Franz den Tanzenden entgegen, die sich gegen den Strom zur Theke durchdrängelten, um sich zu erfrischen. Sie griffen zu den Biergläsern, die Damen bestellten indessen „eine neue Rutsche Prosecco“.

Brigitte, die sich Knüppel als Investment-Beraterin bei der Nord LB vorgestellt hatte, fragte nun, was es mit diesem „Dippen“ auf sich habe. Gerd kratzte sich lachend am Hinterkopf. Seine Partnerin, Chantal, Floristin mit eigenem Laden, sah ihn jetzt auffordernd an. „Es ist doch wohl nicht das, was ich denke?“ – „Ich glaube … leider doch“, nickte Knüppel ernst und zog kurz die Schultern hoch, was so viel heißen sollte wie: „Wir kommen aus dem gleichen kleinen Dorf und sind durch jahrhundertelange Inzucht zu dem geworden, was wir sind, und, Baby, wir konnten es uns wahrhaftig nicht aussuchen“.

„Was denn überhaupt? Was denn …“ Die Lehrerin Annegret stand zu weit entfernt und sah nur die zwischen Ratlosigkeit und Amüsement wechselnden Gesichter. Sie war lange genug im Schul-Biz, um zu ahnen, dass etwas in der Luft lag.

Knüppel räusperte sich künstlich und hob aufmerksamkeitsheischend einen Zeigefinger. „Franz wollte damit zum Ausdruck bringen, dass er mit unseren Getränken seinem Gemächt in unserer Abwesenheit, ähm … ja … Kühlung zugeführt hat.“ – Die aufwändig frisierten Damen glucksten hennenhaft ausgelassen über diese total verrückte Truppe, die sie da aufgetan hatten, ach, das glaubte ihnen ja morgen doch keiner, nee nee nee.

Bernies blonde Gefährtin Suse (Hausfrau, drei Kinder) flüsterte daraufhin ihrem geliehenen Galan etwas Neckisches ins Ohr, was diesen laut lachen ließ, und er machte Anstalten, den Witz in die Runde zu tragen, kam aber nicht dazu. Denn nun wurde ein Tablett mit vier übervollen Gläsern Prosecco durchgereicht. Suse nahm sich zwei und wollte eben eins an das Fräulein von der Bank weiterbalancieren, da schien der Holz-Michel-Pogo den Mob gänzlich zu entmenschen, die Tanzfläche eruptierte förmlich, und irgendeiner dieser Hackklötze gab ihr einen versehentlichen, aber deshalb nicht minder tätlichen Stoß in den Rücken, der sie straucheln machte und den Inhalt der beiden Gläser auf das papierweiße Blüschen der Freundin expedierte.

Da ging ein Zischen durch ihre Reihe, und die Begossene juchzte fraulich ob der unerwarteten Erfrischung, hatte sich aber sofort wieder unter Kontrolle. „Oh, du Schanntall, isch glaub, isch werd durschsischtisch …“, jaulte sie gespielt.

Beim nun folgenden Freudentaumel sah man sehr schön, wie sich die so schicksalhaft zusammengeratenen Freundeskreise gleichsam organisch zur liegenden Acht verhakten. Sogar als Franz der Studienrätin Annegret freundschaftlich einen Arm um die Hüften legte, lachte sie nur circenhaft und ließ ihn dort liegen. Sein Lächeln war breit, so breit wie er selbst.