daily dope (353) :
„Das ist so, als würde man eine ganze Stadt ins Gefängnis stecken, um einen Kriminellen zu fangen.“ Der belgische Anwalt Kristof De Saedeleer wählt markige Worte, wenn er über die seit Jahresbeginn geltenden Meldevorschriften der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) spricht. Er vertritt 65 Athleten, darunter Radprofis, Fußballer und Volleyballer, die die neuen Regeln vor Gericht zu Fall bringen wollen. Seit Januar müssen alle Athleten, die als Spitzensportler für den nationalen Testpool gemeldet wurden, drei Monate im Voraus für jeden Tag eine Stunde angeben, in der sie zu Tests zur Verfügung stehen. Die Eingaben erfolgen online und können bei Bedarf via E-Mail oder SMS aktualisiert werden.
Der belgische Fußballer Bjorn Vleminck vom KV Mechelen, einer der 65 klagenden Athleten, ist empört:; „Wir müssen sie über alles informieren“, sagt er. „Wenn ich ins Kino will, dann muss ich meine Eingaben aktualisieren und mitteilen, dass ich ins Kino gehe.“ Er habe doch nicht immer Zugang zu einem Computer, klagt er. „Und wenn ich einmal nicht am richtigen Ort bin, dann können sie mich sperren.“ Die Regeln besagen, dass der Sportler wie ein Dopingsünder zu behandeln ist, wenn er dreimal nicht angetroffen wird oder falsche Angaben über seinen Aufenthaltsort macht. De Saedeleer vertritt die Auffassung, dass eine derartige Regelung gegen die Europäische Konvention für Menschenrechte verstößt und einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre der Sportler darstellt.
Bei der Wada sieht man der Klage gelassen entgegen. Bislang seien noch alle Klagen, die sich auf den Schutz der Privatsphäre bezogen hätten, abgewiesen worden, so ein Sprecher. Ein prominenter Fall war der des kasachischen Radprofis Andrei Kaschetschkin, der 2007 des Fremdblutdopings überführt worden war. Seine Klage gegen Ort, Zeit und Umstände der Blutentnahme während seines Familienurlaubs in der Türkei wurde – ebenfalls von einem belgischen Gericht – abgewiesen. Die Wada geht zudem davon aus, dass die Regeln auch deshalb nicht angezweifelt werden, weil sie gelockert wurden. Bis Ende letzten Jahres mussten die Sportler für den gesamten Tag angeben, wo sie sich gerade aufhalten. In Deutschland besteht über die neue 1-Stunden-Meldevorschrift, die alte 24-Stunden-Regel weiter. ARUE