da strahlt der mullah : Ohrfeige für Bush
Diplomatie ist machbar, Herr Nachbar! Nach diesem Motto zeigten gestern drei EU-Außenminister dem durch Asien stolpernden US-Präsidenten Bush, wie man auf friedlichem Wege Konflikte lösen kann. Statt israelisch-amerikanische Bombenangriffe auf einen möglicherweise militärisch nutzbaren Atomreaktor im Iran abzuwarten, wird der Mullah-Staat jetzt ein Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen. Der wird es den Kontrolleuren von der Internationalen Atomenergiebehörde erlauben, jederzeit und ohne Voranmeldung jede möglich Nuklearanlage im Iran zu untersuchen.
Kommentarvon JÜRGEN GOTTSCHLICH
Statt der drohenden Ausweitung der Kampfzone im Nahen Osten also endlich einmal ein Durchbruch an der Verhandlungsfront. Wie war das möglich? Die notorischen Bush-Freunde werden darauf hinweisen, dass erst die offenen Drohungen aus Washington und Jerusalem die Machthaber in Teheran dazu bewogen haben, die europäischen Angebote anzunehmen. Vielleicht ist es aber auch ähnlich wie zu Jahresbeginn bei den irakischen Nachbarn: dass die Iraner gar nicht das zu verbergen haben, was Bush und Scharon ihnen vollmundig unterstellen.
Ob sie nun tatsächlich ein Atomwaffenprogramm betreiben oder nicht – klar war, dass die Mullahs schon aus Gründen der Selbstbehauptung auf die Drohungen aus Washington hin gemauert haben. Sie können jetzt besonders zufrieden sein, weil sie die EU gegen die USA ausspielen konnten. Bush würde eine zweite Ohrfeige erhalten, wenn die Inspektoren zum Ergebnis kämen, dass die Vorwürfe übertrieben waren.
Anders als gegenüber Saddam Hussein haben die Europäer, allen voran die Deutschen, gegenüber dem Iran seit Jahren eine andere Politik verfolgt als die USA – „kritischen Dialog“ statt Konfrontation. Das hat mit eigenen wirtschaftlichen Interessen zu tun, mit langjährigen bilateralen Beziehungen und dem Wunsch, in der sensiblen Region wenigstens noch einen Partner zu haben, der nicht von den USA dominiert ist. Diese Politik der Betonung gemeinsamer Interessen war die eigentliche Grundlage für den jetzt erfolgten Deal.
Die Botschaft der Europäer lautet: Auch nach Saddams Sturz braucht ihr keine Atombomben – wir garantieren für eure Sicherheit. Angesichts der vielen Scharfmacher im Nahen Osten und in Washington ist es schon ein echter Erfolg, dass die Mullahs den EU-Emissären diese Versicherung abgenommen haben.