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corona in hamburg„Der Kontakt ist intensiver geworden“

Foto: privat

Olaf Könemann

55, seit 21 Jahren Paketzusteller, ist Betriebsratsmitglied und Teil des Ver.di-Landesbezirksvorstands.

Interview Kaja Weber

taz: Herr Könemann, seit Jahren werden in Deutschland immer mehr Pakete ausgeliefert. Hat sich die Situation durch Corona noch verschärft?

Olaf Könemann: Ja, wir sind in einer Ex­tremsituation seit dem letzten Jahr, es gibt ein durchgängig höheres Paketaufkommen. Die Menschen kaufen mehr im Internet ein. Das Weihnachtsgeschäft beispielsweise war auch schon vor der Pandemie irre, aber im vergangenen Jahr sind kurz vor den Feiertagen über 20 Millionen Pakete durch Deutschland gewandert. Auch jetzt sind wir immer noch auf einem extrem hohen Niveau.

Was heißt „extrem hoch“?

2019 war es für mich normal, täglich etwa 130 Pakete zuzustellen. Jetzt können es auch mal 160 sein – also haben wir jetzt um die 30 Prozent mehr zuzustellen.

Wie gehen Sie in Hamburg damit um?

Im November werden die Stammbezirke für die Weihnachtsauslieferung neu unterteilt. In normalen Jahren wird die Organisation dann kurz nach den Feiertagen wieder umgestellt. Aber wir sind jetzt im Prinzip immer noch im Weihnachtsstarkverkehr. Wir fahren immer noch mehrere, kleinere Zustellbezirke an. Und das wird wohl auch noch eine ganze Weile so bleiben.

Bedeutet das viele Überstunden?

Bei der Deutschen Post haben wir tarifliche Arbeitszeiten und versuchen, die Spitzen abzufangen. Wir sind tatsächlich am Limit, die Paketmengen in der regulären Arbeitszeit zuzustellen. Das ist eine Herausforderung. Aber wir haben auch Personal dazugewonnen.

Sie können nicht einfach aus dem Homeoffice arbeiten. Wie schützen Sie sich?

Bei uns herrscht Maskenpflicht, wir bekommen Desinfektionsmittel für die Autos und halten uns an die Abstandsregelungen. Außerdem können uns zweimal die Woche testen lassen. Das läuft hervorragend. Natürlich haben wir ein Interesse daran, dass es bei uns keine Ausfälle gibt, und größere Infektionsfälle sind bisher auch ausgeblieben.

Haben Ihre Kun­d*in­nen Angst, sich bei Ihnen anzustecken?

Bei der Zustellung gibt es die Option, dass ein Paket kontaktlos abgelegt wird. Seit Corona wird das auch mehr genutzt.

Wie treten die Leute Ihnen entgegen, wenn Sie sich sehen?

Der Kontakt ist intensiver geworden. Ich bin Stammzusteller in Altona und fahre seit einem Jahrzehnt immer dieselben Straßen an. Man kennt sich. Viele sind im Homeoffice und ich war der einzige, der draußen rumläuft. Wir reden über alles, was anliegt – Corona, Impfungen, sind gerade die Hauptthemen – natürlich mit Abstand. Ich habe das Gefühl, ich bin da ein positiver Kontakt für Menschen, die mehr zu Hause sitzen.

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