corona in hamburg: „Viele Frauen haben Angst“
Kerstin Falk, 57, ist Landesgeschäftsführerin von Pro Familia in Hamburg.
Interview Sarah Zaheer
taz: Frau Falk, welche Maßnahmen mussten Sie in der Schwangerenberatung aufgrund des Coronavirus ergreifen?
Kerstin Falk: Normalerweise haben wir offene Sprechstunden für Frauen, die sich in einem Schwangerschaftskonflikt befinden, also ungewollt und ungeplant schwanger geworden sind. Das geht jetzt nicht mehr. Wir mussten unsere Tür schließen und die Telefonzeiten verändern. Frauen sollen zuerst anrufen und werden dann den Tag über auf Termine verteilt. Gruppenveranstaltungen können gar nicht mehr stattfinden.
Können Sie Leistungen außer der verpflichtenden Beratung vor einem Schwangerschaftsabbruch noch anbieten?
Nicht face to face. Einige Kollegen und Kolleginnen bleiben im Homeoffice, damit sie, wenn es hier einen Coronafall geben sollte, übernehmen können. Es wird jetzt munter telefoniert und versucht, auf diesem Wege andere Beratungen abzuhalten. Alle, die sich in Krisen um Schwangerschaft, Fehlgeburt und Abbruch befinden, gehen jetzt aber vor.
Sehen Sie eine Möglichkeit, künftig telefonische und digitale Beratung auszuweiten?
Es ist jetzt ein Schnelltest. Bei der Schwangerschaftskonfliktberatung müssen die Frauen hierher kommen, aber bei den anderen Beratungen müssen wir schauen, was wir beibehalten können. Akut geht es auch um Frauen, die in einem Schwangerschaftskonflikt stehen und sich in Quarantäne befinden. In Deutschland ist es verpflichtend, eine Beratung vor dem Schwangerschaftsabbruch durchzuführen. Wie das in diesem Fall umgesetzt werden soll, ist bisher nicht entschieden.
Welche Handhabung wünschen Sie sich?
Die Möglichkeit eines Videoanrufs wäre schon gut, denn es ginge nicht, dass die betroffenen Frauen hierher kämen. Ich habe bereits Monitore bestellt, mit denen dies möglich wäre. Wir sind vorbereitet.
Wie wirkt sich die gegenwärtige Situation auf die betroffenen Frauen aus?
Viele Frauen haben Angst, dass Abbrüche zukünftig nicht mehr durchgeführt werden können. Das ist jedoch unbegründet, da dies aufrechterhalten wird. Wir müssen jetzt viele Dinge im Blick behalten, doch wir sind weiterhin erreichbar und helfen, wo wir können. Zunächst sind wir damit beschäftigt, Frauen, die spontan herkommen, auf Termine umzulegen, alles zu desinfizieren und die Monitore aufzubauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen