corona in bremen: „Ein bisschen romantisch ist es auch“
Interview Jan Zier
taz: Warum sollte man dem Theater Briefe schreiben, Frau Sterr?
Simone Sterr: Das ist ein Angebot, auf das wir gekommen sind in einer Zeit, in der sehr viel ins Digitale verlegt wird. Wir haben uns überlegt, ob es nicht auch ganz alte Kulturtechniken des Zueinanderkommens gibt, wenn man sich nicht selbst räumlich begegnen kann. Deshalb möchten wir unserem Publikum gern das Angebot machen, Briefe zu schreiben – gut 50 Theaterleute haben sich spontan zur Verfügung gestellt. Es gibt dazu eine Liste von BriefpartnerInnen im Netz, sodass man gezielt Menschen anschreiben kann – sogar in verschiedenen Sprachen.
Etwa 30 Menschen haben schon geschrieben – worum geht es denen?
Es gilt natürlich das Briefgeheimnis!
An welchen Sparten des Theaters sind die Leute am meisten interessiert?
Das kann man gar nicht so genau sagen. Es ist aber nicht so, dass nur die Post bekommen, die auf der Bühne stehen.
Aber es ist eher ein Angebot an das typische Stadttheater-Publikum, das schon älter und eher weniger digitalaffin ist, oder?
Ich glaube, dass es gerade jetzt ein großes Bedürfnis nach anderen Formen der Kommunikation gibt – und zwar nicht nur bei den alten Menschen. Man sitzt ja nun sehr viel am Rechner, um mit Leuten zu kommunizieren, und ein großer Teil des Alltages wird ins Netz verlegt. So ein Brief hat aber einen anderen, persönlichen Charakter, schon durch die Handschrift – und ein bisschen romantisch ist es auch.
Fürs Theater müsste man ja eher die jungen Leute gewinnen. Setzen die sich hin, um jemand, den sie nicht kennen, einen handschriftlichen Brief zu schreiben?
Auch junge Menschen fangen wieder an, sich Postkarten zu schreiben. Sie haben eine große Sehnsucht, nicht ausschließlich über digitale Formate miteinander ins Gespräch zu kommen.
Aber der „Briefwechsel“ setzt sich bewusst von der Debatte um die Digitalisierung des analogen Theaters ab, oder?
Ja, ich möchte aber beides nicht gegeneinander ausspielen. Ich finde es richtig, dass wir uns auch überlegen, welche digitalen Formate wir anbieten können.
Könnte aus den Briefen am Ende auch was Theatrales werden?
Mal gucken! Vielleicht gibt es mal eine Party, wo sich alle Brieffreunde live miteinander treffen. Jetzt machen wir erst mal Dinge, die Spaß machen und von denen wir denken, dass sie gebraucht werden.
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