brief des tages:
Arbeitsamt: Hallo, ist da jemand?
Betreff: Auf Expedition im digitalen Dschungel
Die Bundesagentur für Arbeit hat E-Mails als Kontaktweg zum 1. September 2025 faktisch abgeschaltet – mit Verweis auf den Datenschutz. Wer eine einfache Frage hat, soll ins Onlineportal und das heißt: Registrierung, Zwei-Faktor-Authentifizierung, Passwortregeln. Und das im Namen des Datenschutzes? Eher wird nun alles gläsern. Was, wenn ich kein Smartphone habe oder haben will? Was, wenn ich mich beschweren will – anonym?
Auf der Website steht noch eine E-Mail-Adresse. Sie wirkt wie eine offene Tür. Man schreibt hin, drückt auf Senden – und bekommt eine Fehlermeldung auf Englisch: „Recipient address rejected: User unknown.“ Der Kanal ist da – aber er reagiert nicht. Eine Fassade. Kein Service. Kein Dialog. Aus Bürgernähe wird Zugangskontrolle. Aus Teilhabe wird Ausschluss. Aus Fortschritt Rückschritt. Nun weiß ich nicht mal mehr, ob mein Anliegen überhaupt gesehen wurde.
Wie viele Anrufe in Jobcentern drehen sich jetzt nicht um Anträge, sondern um Zugang zum Portal? Um Codes, Apps, PINs? Dafür setzen wir qualifizierte Fachkräfte ein. Sie wollten Arbeit vermitteln. Jetzt helfen sie beim Einloggen.
Alexander Lüdeke, Idar-Oberstein
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