brief des tages:
Das Völkerrecht
„Das Recht des Stärkeren“,
taz vom 24. 6. 25
Man sollte das Völkerrecht nicht schlechter reden, als es ist. Die Diskussionen über die völkerrechtliche Qualität einer Handlung, wie den Kosovokrieg, den vollumfänglichen Überfall der russischen Föderation auf die Ukraine oder die Verletzungen des humanitären Völkerrechts in Gaza durch die IDF, sind keineswegs müßig, sondern bestätigen, dass die normative Kraft des Völkerrechts immer noch wirkt. Auch die mehr oder weniger glaubwürdigen Versuche der Rechtsbrecher, sich zu rechtfertigen, bestätigen das. Das ist nicht wenig und trägt zur Domestizierung des Rechts der Stärkeren bei.
De facto aber ist Völkerrecht immer Verhandlungsrecht, und zwar im Unterschied zu staatlichem Recht, auch nach dem Abschluss von Abkommen oder Verträgen. Deswegen spielen Überwachungsorganisationen im Völkerrecht immer auch eine politische Rolle. Es gibt keine sanktionierende Gewalt in den zwischenstaatlichen Beziehungen und das Völkerrecht ist immer auch Ausdruck der Kräfteverhältnisse. Dennoch hat es immer noch eine disziplinierende Wirkung, die man nicht so einfach aufgeben sollte. Helmut Hugler, Berlin
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