brief des tages:
Die Wahrheit am Anfang
„22 Minuten bis zum Schuss“, taz vom 22. 2. 24
Es ist ein verstörender Prozessbericht aus Dortmund: Ein 16-jähiger Flüchtling aus dem Senegal richtet ein Küchenmesser gegen sich selbst. Der Einrichtungsleiter ruft die Polizei. Fünf Polizisten sind jetzt angeklagt: einer von ihnen hat mit einer Maschinenpistole (!) und sechs Schüssen den Jugendlichen erschossen. Einer ist wegen Totschlags angeklagt, drei wegen gefährlicher Körperverletzung und der Einsatzleiter wegen Anstiftung. Die Frage nach der Verantwortung für die tödlichen Schüsse soll schwierig zu klären sein. Die im Prozess aussagenden Zeugen sind immer noch entsetzt und machen sich widersprechende Angaben. Erschreckend ist – wie so oft – das Verhalten der Polizei: warum gibt es nicht einen schonungslosen, ehrlichen Bericht der am Geschehen beteiligten Beamten. Dann wäre es Aufgabe des Gerichts, das Geschehene zu bewerten: Tragische Fehler müssen nicht zwingend zu Verurteilungen führen, aber am Anfang sollte die Wahrheit stehen: was ist geschehen? Zum Eingreifen in Notwehr- und Nothilfesituationen werden Polizisten ausgebildet. Wie wird die „Erziehung zur Wahrheit“ in die Ausbildung integriert? Dietrich Manstetten, Münster
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