brief des tages:
Linke Bürokratiekritik muss dialektisch sein
„Was wir aus Corona lernen könnten“,
taz vom 9. 6. 21
Der Autor hat recht, es muss in einer modernen Demokratie eine linke Kritik der Bürokratie geben. Doch greift der geschätzte Seeßlen mit seinem wohlfeilen pauschalen Bürokratie-Bashing zu kurz. Es reicht nicht, in üblicher medialer Aufgeregtheit in der Pandemie sichtbarer gewordene Korruption, Schwerfälligkeit et cetera der Verwaltung anzuprangern und eine neue Fehlerkultur anzumahnen. Das tun Rechte und auch Liberale drastischer und konsequenter. Eine linke Bürokratiekritik, wie sie etwa Graebner in seinem Buch „Bürokratie; Die Utopie der Regeln“ mit globaler Perspektive formuliert hat, argumentiert dialektisch. Sie muss an den neuen positiven Reformen der Verwaltung (agiles Arbeiten in Teams und Projekten, Serviceorientierung und Digitalisierung) ansetzen und einen weiteren Ausbau insbesondere von Bürgerbeteiligung, Transparenz und Informationsfreiheit fordern. Verschlankung und Deregulierung sind notwendig. Doch ohne eine effiziente Exekutive werden wir die Herausforderungen der Zukunft, vor allem die Abwendung der Klimakatastrophe, nicht bewältigen. Franz Dillmann, Köln
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