brief des tages:
Die Trauer der Aufsteiger
„Der Preis des Aufstiegs ist die Einsamkeit“, taz vom 21. 5. 21
Lieber Volkan Ağar, Sie benennen subtil den ganzen Widerspruch einer Aufstiegsideologie, die die Fragen nach einem möglichen gemeinsamen guten Leben völlig verdrängt. Aufstieg heißt eigentlich Abstieg – Abstieg in die Vereinzelung und Einsamkeit, vor allem Entfremdung von denjenigen, denen wir vielleicht alles zu verdanken haben. Die Trauer, die ich aus Ihrem Satz lese „Was wäre, wenn ich da geblieben wäre, wo ich herkomme“, kann ich so gut nachvollziehen, weil mich diese Trauer als sogenannte „Bildungsaufsteigerin“ und Migrantin immer wieder befällt. Ich glaube, dass wir über diese Entfremdungsprozesse viel zu wenig sprechen. Was mich häufig hemmt, in eine echte Auseinandersetzung mit denen zu gehen, die mal „meine Leute“ waren, das ist die Scham. Und dann ist es die Scham über mich selbst, über die Person, die dieses gesellschaftliche Spiel mitmacht. Es klingt vielleicht verrückt, aber ich sehne mich nach Aufrichtigkeit. Lieber Volkan Ağar, danke für die Erinnerung an das, was mich eigentlich bewegt. Meine „Herkunft“, die nie weg war, sondern stets um mich und in mir. In ihrer ganzen Gebrochenheit. Loriana Metzger, Koblenz
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