brief des tages:
Vertuschter Justizirrtum?
„Unschuldig im Gefängnis“, taz vom 18. 8 Im Fall Genditzki wurde der Angeklagte von zwei Strafkammern zweimal wegen Mordes zu lebenslänglicher Haft verurteilt, obwohl kein Motiv, kein Beweis und keine Belastungszeugen existieren und alle Indizien dafür sprechen, dass gar keine Straftat vorlag, sondern ein Haushaltsunfall. Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte Genditzki wegen Mordes aus finanziellen Motiven angeklagt. Dieser Vorwurf hat sich im Prozess in Nichts aufgelöst, der Bundesgerichtshof hat das erste Urteil aufgehoben. Der Staatsanwalt im zweiten Prozess hat sich aber mit Erfolg für eine Bestätigung des ersten Urteils eingesetzt. Dieser Staatsanwalt war in beiden Prozessen der im Artikel genannte Florian Gliwitzky, heute Richter am Oberlandesgericht München, Sprecher dieses Gerichts, zugleich Sprecher in Strafsachen des Landgerichts München II – de facto eine Verfilzung von Anklagebehörde und Gerichtsbarkeit. Ein Wiederaufnahmeantrag liegt seit fünfzehn Monaten vor – für die Bearbeitung eines Wiederaufnahmeantrags darf sich das Gericht allerdings beliebig viel Zeit lassen. Der Skandal: Beim Verdacht auf ein rechtswidriges Strafurteil ist der davon Betroffene völlig auf sich gestellt. Achim Clausing, Münster
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