piwik no script img

brief des tages

Orientierung ander Mittelschicht

„Die Friedhöfe sind voll“, taz vom 25. 4. 20

Die Situation in Ecuador zeigt, dass die Coronakrise vor allem eine soziale Krise ist. Obwohl das Land bereits sehr früh äußerst einschneidende Ausgangssperren verhängt hat, steht nun ein den internationalen Gläubiger*innen zuliebe zu Tode gespartes Gesundheitssystem vor dem Kollaps. Bereits Mitte März trat die Gesundheitsministerin Catalina Andramuños zurück, weil ihr keine Mittel zur Bekämpfung der Krise zu Verfügung gestellt wurden. Ihr Nachfolger machte sich sogleich im Fernsehen über Ärzt*innen, die sich als Astronaut*innen verkleiden wollten, lustig, als das Gesundheitspersonal Schutzausrüstung forderte.

Wie im Brennglas zeigt der ecuadorianische Fall also nicht nur, dass Ausgangssperren den Lebensstil einer Mittelschicht zum Ausgang nehmen und die Lebensrealität marginalisierter und prekarisierter Gruppen aus den Augen verlieren. Er zeigt auch, dass die Krise nicht allein mit Ausgangs- und Kontaktsperren bekämpft werden kann, sondern weitergehende soziale und ökonomische Transformationen erfordert.

Andreas Gutmann, Bremen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen