brief des tages:
Sind schon eingesperrt
„Sperrt uns ein!“, taz vom 11. 4. 20
Wir haben die alten Menschen in unserer modernen Gesellschaft doch schon längst eingesperrt – in den Altenheimen und in ihren Wohnungen. Die heutigen Lebensentwürfe orientieren sich insgesamt an der Unabhängigkeit (von den Eltern), und dies passiert, obschon auch vonseiten der Wissenschaft das gemeinsame Wohnen und Haushalten von mehreren Generationen empfohlen wird. Wir sind Produzenten und Konsumenten, soll irgendwie Freiheit und Selbstbestimmung sein, aber das ist ja längst schon mit Foucault enttarnt worden. Unsere unmittelbaren sozialen Beziehungen haben die materielle Seite des Aufeinanderangewiesenseins (Ibn Khaldun) verloren, sind institutionalisiert und damit verwirtschaftlicht worden. Jung bleiben bis 100 ist das Ziel. Aber irgendwann geht es bei uns allen bergab. Wer fragt nach Lebensqualität? Von der Einsamkeit der alten Menschen wird profitiert, in den Heimen und auf Kreuzfahrten. Einsamkeit fördert den Konsum, auf Kosten der Umwelt und vor allem der armen Länder. Umweltschutz braucht auch eine Umgestaltung der sozialen Beziehungen in den Haushalten und Lebenswelten, hin zu einem gemeinsamen Alltag. Christiane Paulus, Kairo
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