brief des tages:
„Soziales Sterilisieren“
„Eine Kämpferin für die Seele“, taz vom 15./16. 9. 18
Dorothea Buck, Gallionsfigur der Psychiatrieerfahrenenbewegung, hält durch und wird zu mehr als einem Jahrhundertereignis. Prima Thema! Dabei gibt es auch heutzutage jede Menge Handlungsbedarf. Ein Beispiel aus der (verhinderten) Gendermedizin: Eleganter als die überwundenen Zwangspraktiken der Sterilisation ist das „soziale Sterilisieren“. So wird von Psychosen betroffenen Patientinnen von der Schwangerschaft abgeraten und zum Abbruch geraten. Diese Beratungspraxis gibt es auch in katholischen Kliniken. Statt inklusiv zu denken, wird exklusiv gehandelt. So ist die Stigmaperspektive bei verantwortlichen Fachkräften auch jenseits der Werteorientierung etabliert. Bucks Geschichte ist eine sehr deutsche, nicht nur wegen der Nazipsychiatrie. Frauen vom Jahrgang 1917 hatten kaum gleichaltrige Männer als Lebenspartner zur Verfügung, da ein Großteil der Männer dieser Alterskohorte den Zweiten Weltkrieg nicht überlebt haben. Wie viele Frauen ihres Alters blieb Dorothea Buck zeitlebens ohne Partner. Diese Einsamkeit hat der Jahrhundertfrau vielleicht auch die Freiheit gegeben, sich verstärkt ihren konstruktiven Gedanken zu widmen. Michaela de Groot, Bottrop
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