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■ bonn-apartProvisorium für Kohl: Ein Hospital in Berlin

Bonn (taz) – Während sich die Berliner amüsieren, sind die Bonner empört. Noch vor wenigen Tagen feierten Diepgen und Co. ausgelassen das traditionelle „Laubenpieperfest“ in der Berliner Vertretung in Bonns Südstadt.

Fettige Buletten, Spanferkel und rote Grütze sollten zumindest eine bittere Wahrheit nicht verschleiern: Berlin ist nicht nur Hauptstadt, sondern alsbald auch Austragungsort von Olympia. So durfte manch einem Besucher beim Anblick der immer wiederkehrenden, mitleiderregenden Olympiafratze der Bissen im Munde stecken geblieben sein. Doch damit nicht genug.

Bonns Zeitungsleser, die sich in der Mehrzahl allmorgendlich zum grauen Stadt-Organ „General-Verschweiger“ bekennen, bekamen es kürzlich brühwarm auf den Tisch serviert: Bundeskanzler Kohl soll im Falle des Regierungsumzugs provisorisch in ein Berliner Krankenhaus eingeliefert werden.

Das ergab eine Recherche des Blattes, die sich vor allem an dem „Konzept zur Unterbringung der Bundesregierung in Berlin (1998)“ aus dem Hause von Bauministerin Schwaetzer orientiert.

Nach Auffassung der FDP- Lady scheint es um den Gesundheitszustand unseres Kanzlers doch übler bestellt, als bislang angenommen. Deshalb soll er – und nicht wie zunächst geplant Wirtschaftsminister Rexrodt – in dem einstigen DDR-Regierungskrankenhaus an der Sandkrugbrücke untergebracht werden.

In Reichweite eines Sex- Shops werde Kohl fürs erste in einem Gebäude hausen, in dem noch heute die Hinweise zur „Dermatologie“, Parasitologie und nicht zuletzt auch dem „Leichenkeller“ hängen. Nicht zu entnehmen ist dem Bericht allerdings, wie lange und in welcher Abteilung der Kanzler nach dem Willen der FDP-Ministerin dort behandelt werden soll.

Kein Wunder jedenfalls, daß der getreue Bonner CDU-Wähler einen Umzug nach Berlin nicht wünscht. Doch nicht nur er. Nach jüngsten Umfragen lehnen mehr als 80 Prozent der Bevölkerung das vom Bundesfinanzministerium geschätzte 50-Milliarden Mark Projekt ab. Einen triftigen Grund hat dabei auch der protestierende Waigel.

Der soll nämlich nach Plänen der FDP-Ministerin regelrecht kaserniert werden. Provisorisch in der McNair-Kaserne, gleich hinter dem Städtischen Friedhof Lichterfelde.

Hasso Suliak

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