blix-bericht : Es geht nicht um Einsicht
Der Bericht, den UN-Chefinspekteur Hans Blix gestern dem UN-Sicherheitsrat gegeben hat, erhöht den Druck auf den Irak, keine Frage. Doch die kritischen Anmerkungen, Vorwürfe und Fragen, die Blix und sein IAEA-Kollege al-Baradei dem Irak vorhielten, unterstützen allesamt nur die Forderung, die sie seit Wochen vortragen und die von der EU geteilt wird: Die Inspektionen brauchen mehr Zeit. Und so ist dieser 27. Januar ein wichtiges Datum, aber nicht der Auftakt zum militärischen Showdown, zu dem die US-Regierung ihn ursprünglich gern gemacht hätte.
Kommentar von BERND PICKERT
Wenigstens nicht mit Unterstützung des Sicherheitsrates. Zwar wiederholten gestern der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, John Negroponte, und Präsidentensprecher Ari Fleischer ihre bekannten Vorwürfe an den Irak. Doch auch sie mochten aus dem Blix-Bericht wenig neuen Saft ziehen, um dem Irak tatsächlich einen kriegslegitimierenden „schwerwiegenden Verstoß“ gegen die UN-Sicherheitsratsresolution 1441 vorwerfen zu können.
So gleitet der Diskurs ins Immaterielle ab, in das Konstatieren fehlenden Willens. Blix sagte erstmals, seinem Eindruck nach habe der Irak bis heute nicht wirklich eingesehen, dass er seine Waffenprogramme aufgeben und abrüsten müsse. Nur: Niemand hat je behauptet, dass das irakische Regime freudig und aus eigenem Antrieb seine Waffenprogramme aufgeben werde. Das wäre angesichts der Erfahrungen der Waffeninspekteure in den 90er-Jahren lächerlich.
Es geht und ging immer um Zwang, nicht um Einsicht. Das wissen auch die meisten Regierungen, doch verändert das nicht die Bewertung der Inspektionen.
Zur Diskussion steht lediglich, ob die Kontrollen – verbunden mit Drohungen – ausreichen, um zu verhindern, dass der Irak eine Gefahr für die Region darstellt. Natürlich wäre es besser, der Irak hätte eine andere Regierung. Das aber war schon so, als Saddam Hussein noch bester Freund der USA war. Ein Kriegsgrund heute ist das nicht.
Das sehen die meisten Regierungen der Welt im Unterschied zu den USA auch so. Und so zeigt der Tag des Blix-Berichtes das Ausmaß der US-amerikanischen Isolation. Die US-Regierung hat die Bereitschaft der Welt überschätzt, halbgaren Scheinargumenten zu folgen. Krieg kann es trotzdem geben. Sicher erscheint aber, dass die Abschaffung internationaler Rechtsnormen zugunsten der Definitionsgewalt des militärischen Hegemonen vorerst gescheitert ist.