blattschluss nrw? : Vierfaltige Vielfalt
Selbst die Landesregierung ist besorgt über den „Konzentrationstrend“ auf dem Zeitungsmarkt in NRW. Was der bedeutet, beschreibt taz-Medienredakteur Steffen Grimberg
Was haben knapp vier Millionen NRW-BürgerInnen gemeinsam? Die Auswahl bei ihrer täglichen Zeitungslektüre, auch im Regionalen. Denn in noch rund 60 NRW-Gemeinden kann neben der taz nrw zwischen drei unterschiedlichen regionalen bzw. lokalen Angeboten ausgewählt werden. Das liegt zum einen daran, dass wir es mit eher ländlichen Ecken bzw. mit Gebieten zu tun haben, wo eine oder mehrere der großen Zeitungsgruppen aufeinander treffen und sich dort mit ihren Titeln echten Wettbewerb liefern. Teile des Kreises Unna gehören dazu (WAZ, Westfälische Rundschau, Hellweger Anzeiger), der Kreis Gütersloh (Westfalenblatt, Neue Westfälische, Die Glocke) oder auch Teile des Siegerlandes (Siegener Zeitung, Westfalenpost, Westfalenblatt).
Dabei bestimmt fast überall das so genannte WAZ-Modell das Geschäft: Zwei der Titel gehören zu ein und demselben Konzern, machen sich aber gegenseitig Konkurrenz. Bei den beiden WAZ-Titeln Westfälische Rundschau und Westfalenpost ist dessen Grundgedanke am besten nachvollziehbar: Die traditionell eher mal sozialdemokratische WR deckt einen anderen Lesermarkt ab als die tendenziell katholisch-konservativere WP. Damit‘s auch wirklich jeder merkt, erscheint die eine mit der Schmuckfarbe rot, die andere ist blau .
Auch viele Großstädte an Rhein und Ruhr sind mit solcher Dreifaltigkeit gesegnet. Doch gerade hier nagt der Zahn der Zeit: In fünf nordrhein-westfälischen Großstädten ist der dritte Titel äußert schwach auf der Brust. Beispiel Dortmund: Hier rangiert die WAZ-Lokalausgabe weit abgeschlagen hinter dem Schwesterblatt Rundschau und den Ruhr Nachrichten. So weit abgeschlagen, dass die WAZ-Gruppe seit Jahren keine separate Auflage für ihr Flagschiff mehr ausweist. Beispiel Düsseldorf: Hier hat es die Neue Ruhr/Neue Rhein-Zeitung (übrigens auch ein WAZ-Titel, 12.833 Exemplare täglich) schwer gegen den Lokalmatador Rheinische Post (Auflage über 120.000) und die Westdeutsche Zeitung (Auflage 32.334). Deutschlands größte Regionalzeitungsgruppe rächt sich in Duisburg: Hier kommt die Rheinische Post nur auf rund sieben Prozent Marktanteil – hinter den Konzern-Titeln NRZ und WAZ. In Gelsenkirchen sind dann zur Abwechslung die Ruhr Nachrichten der schwache Dritte, in Leverkusen ist es die Lokalausgabe der Kölnischen Rundschau. Fallen jeweils die schwachen Drittzeitungen in den fünf benannten Großstädten weg, wären nach aktuellen Einwohnerzahlen mehr als 2,1 Millionen Menschen betroffen.
Gibt es Trost? Aber ja: Beinahe alle dieser Dreizeitungs-Gebiete sind dank täglicher taz NRW längst – vierfaltig.