„big brother“, potsdam etc.: John und Fritz feiern im Waschhaus eine Party
Volle Kante Madstop
Am Ende von „Big Brother“ hatte das Gute gewonnen, und das System Jürgen, das uns lange gequält hatte, war in seine Schranken gewiesen worden. John, der trappermäßige Exhausbesetzer, hatte gewonnen. Und das in einem Lande, das bekanntlich mehrheitlich konservativ geprägt ist! In den USA hat eine Sex-Website einen Urheberrechtsklage gegen die amerikanische Version der Sendung angestrengt, denn lang schon vor „Big Brother“ gab es Internetseiten, auf denen zahlende Kunden sich in diverse Sex-live-Häuser einklicken konnten.
Sabrina macht am Samstag Autogrammstunde auf der Handwerksmesse Köln und wird auf der Expo zum Thema „starke Frauen in NRW“ referieren; Alex ist vom 11. bis 14. August in Oschersleben beim 24-Stunden-Rennen. Jürgen scheint untergetaucht zu sein, auch Manu, Kerstin und Jona sind nicht mehr im Angebot.
Aber John. Volle Kante. „Bravo-TV“, „Aktuelle Schaubude“ in Plau am See, Benefizfußball in Mannheim, und am Dienstag wurde der sympathische Potsdamer sozusagen offiziell in Potsdam vom Jugendlichenradio Fritz empfangen. An der Tramstation standen drei Exzentriker mit Kampfhund und fragten, ob ich Angst vor Hunden hätte, und neckten mich, weil sie in mir den Auswärtigen erkannt hatten. Das Plakat an der Tramstation sagte: „Lassen Sie Fremde in Ihre Wohnung? – Günstigen Strom aus der Heimat gibt’s bei envia.“
Das Waschhaus im „Kulturstandort Schiffbauergasse“ war mehr als rammelvoll mit Würstchen, Bier, tausend jugendlichen Patrioten und unzähligen Kamerateams. Vor dem Fenster des VIP-Raums drückten sich die Leute die Nase platt. Drinnen saß John umringt von uns Medienzombies. Sah aus wie ein B-Film. John sagte, dass ihm Alex und Andrea die Liebsten seien, ist nicht so der Fernsehgucktyp und hofft, dass er in einem andren Bereich als der Baubranche tätig sein wird. John sagte: „Guten Morgen, Sat.1“, weil das ein bezopfter Sat.1-Typ so wollte, und dass er nichts spiele und weiterhin so sei, wie er ist. Auch „normal“. Komisch, dass immer mehr Leute normal und unverändert sein wollen. Und: „Jetzt könnt ihr abziehen. Dann haben wir ne richtig geile Party.“
In echt wirkt er noch sympathischer als im TV. Als er auf der Bühne stand, johlten die Menschen erfreut, denn sie hatten ihn ja als einen der Ihren mit ihrem Telefongeld unterstützt und demokratisch zum Star gewählt, weil er keiner sein mag. Zwei Moderatoren präsentierten ihren Song „John, die Kante“, der von Westernhagen geklaut war und nach „Toten Hosen“ klang. „John, die Kante – ist einfach gut gebaut“ usw. Dann Publikumsfragen beantworten. „Allert wird jut“ ist sein Lieblingssatz. John genießt die Sympathien, die ihm auch deshalb entgegengebracht werden, weil er sie so schön genießt.
Die CD, die John mit seinem Bruder Jörg aufgenommen hat, ist prima! Die beiden nennen sich „JoJo Madstop“. Ihr Stück war eine Techno-Hymne mit ein bisschen Acid. Auf der Parade gibt es auch einen „Big Brother“-Wagen. „Jetzt haben wir ihn gesehen. Jetzt können wir wieder gehen“, sagte jemand. An der Tramhaltestelle sangen fünf Mädchen „Johnny, du warst super“. Auf dem Bahnsteig des S-Bahnhofs Potsdam zeterte eine Zugabfertigerin, weil ein paar junge Leute mit Stativ von sich mit Bahnsteig Fotos machen wollten. Das sei verboten. DETLEF KUHLBRODT
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