berlusconi-prozess : Freispruch dritter Klasse
Silvio Berlusconi ist endgültig aus dem Schneider. Der letzte noch gegen ihn anhängige Prozess endete, wie die meisten es erwartet hatten – mit einem Freispruch. Es ist ein Freispruch dritter Klasse, zugebilligt bloß wegen Verjährung der Straftat. Das heißt: An den Vorwürfen war was dran, Berlusconi hat sich tatsächlich des Vergehens schuldig gemacht, dessen er angeklagt war.
KOMMENTAR VON MICHAEL BRAUN
Aber in Italien gehen die Uhren anders: Schon bei anderen wegen Verjährung eingestellten Verfahren gegen Berlusconi, schon nach dem genauso ausgegangenen Prozess gegen Giulio Andreotti wegen Mafia-Umtrieben hat es die servile Medienmeute aus dem Medienkonzern des Premiers genauso wie die aus der staatlichen RAI vorgemacht: Berlusconi und Andreotti durften sich als „unschuldige Opfer“ „voreingenommener Staatsanwälte“ feiern und durch alle Talkshows reichen lassen.
Ebendiese Show war diesmal schon losgegangen, ehe das Urteil überhaupt gefällt war. Berlusconi höchstpersönlich ließ die Italiener wissen, eigentlich habe er für sein unternehmerisches Wirken „eine Medaille verdient“, keine Verurteilung. Seit Monaten stellte er immer wieder klar, dass er auch bei einem Schuldspruch nicht zurückgetreten wäre. Besser kann der Regierungschef seine Missachtung der Justiz nicht auf den Punkt bringen: Die ist genehm, wenn sie ihm genehme Urteile produziert. Andernfalls ist sie nicht die dritte Gewalt im Staat, der auch der Ministerpräsident unterliegt. Nein, sie ist ein Hort von „Putschisten“, und von denen muss sich ein Berlusconi gar nichts sagen lassen. Der kennt nur zwei zum Urteil befugte Instanzen. Erstens ist da er selbst, und er weiß ja bestens, dass er „unschuldig“ ist. Zweitens sind da die Wähler, und „die haben gesprochen“, haben für Berlusconi optiert, der mithin wirklich meint, dank seines Wahlsiegs stehe er über dem Gesetz.
Dass nicht er sich dem Gesetz, sondern dass die Justiz sich ihm anzupassen hat – diese bizarre Gewaltenteilungslehre hat Berlusconi in den letzten drei Jahren immer wieder in die Praxis umgesetzt. Immer wieder verabschiedete seine Koalition neue Gesetze, die nur auf eines zielten: den Ministerpräsidenten endlich aus der Schusslinie zu bringen. Gekrönt wurde dieses Werk durch die vor wenigen Tagen verabschiedete Justizreform, die die Staatsanwälte endgültig an die Leine legen soll. Seinen Show-down mit der Justiz hat Berlusconi auf ganzer Linie gewonnen – er darf heute feiern.