berliner szenen: Freibad endlich wieder offen
Es gibt ja so Tage, auf die wartet man monatelang. Für mich ist das der Tag, an dem im Mai das Freibad Humboldthain öffnet. Schon Tagen vorher hatten die Berliner Bäderbetriebe auf Instagram liebevoll darauf hingewiesen: „Noch vier Mal schlafen.“ Die Reaktionen sind gemischt. Neben viel Freude gibt es auch Kritik wegen des kalten Wassers. „Eisbaden im Humbi“ ist da noch der netteste der kritischen Kommentare.
Vergangene Woche Montag scheint morgens die Sonne. Ich bin eine Viertelstunde zu früh und rede noch ein bisschen mit einem anderen Badegast, einem durchtrainierten jungen Mann. Dann wird das Metallgitter zur Seite geschoben, ich scanne meine Dauerkarte – und bin drin. Schnell umziehen, duschen – und rein ins Becken. Es gab Jahre, da war das Wasser so kalt, dass ich dachte, mein Herz bleibt stehen. Nicht so dieses Jahr. Ein bisschen frisch, klar, aber nach fünfzig Metern fühlt es sich fast gut an. Der durchtrainierte junge Mann steht jetzt auch am Beckenrand, im Neoprenanzug. Ich schwimme zwölf lange Bahnen, dann wird mir doch etwas kalt. Schnell unter die heißte Dusche, anziehen – und alles ist wieder gut.
Als ich kurz darauf mein Fahrrad aufschließe, steht plötzlich eine Joggerin neben mir. „Sagen Sie mal, wie kalt ist denn das Wasser?“, fragt sie. „Gefühlt 12 Grad“, sage ich. Jetzt kommt ein älterer Herr, der auch gerade noch im Wasser war. „16“, korrigiert er freundlich. „Und dann soll man auch nur 16 Minuten im Wasser bleiben, hat mir heute eine Dame erklärt.“ Ob wir Neoprenanzüge hätten, will die Joggerin wissen. Nein, haben wir nicht. „Aber ehrlich, das braucht man auch nicht“, sagt der Herr. „Wenn man rauskommt, fühlt man sich großartig.“
Und das stimmt. Das Gefühl hält den ganzen Tag an. Die Freibadsaison hat begonnen. Hurra! Gaby Coldewey
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