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berliner szenenGestrickt von Oma Finchen

Mit einem Fischbrötchen in der Hand steh ich am Hafen in Flensburg und beobachte die Seesterne im Wasser. Just fällt mir ein Stück Matjes auf die Promenade. Ein Hund schnappt sich’s. Guckt mich an – gibt’s noch mehr? Er trägt einen Strickpulli, der mir verdächtig vorkommt. War dieser Pulli nicht vorgestern noch in einem Berliner Secondhandladen? Ich glaube schon. Da nämlich hatte ich, wie manchmal, einer Freundin beim Dekorieren des Schaufensters geholfen. Die frisch eingetroffenen Stücke, die uns besonders gefallen, kommen in die Auslage. Dort gibt’s auch eine Schaufensterfamilie – stilisierte Puppen, statt des Kopfes ein Holzstiel für Mützen, voilà. Im Laufe vieler müßiger, weil kundenloser Stunden dort tauften wir sie „Familie Wilhelm“. Zwei rivalisierende Söhne, seit Jahren nicht wachsend, der größere sicher einmal Luft- und Raumfahrttechnik studieren werdend, der kleinere künstlerisch-verspielter; dazu vitale Eltern, stets in kräftigen Farben.

Da eine Nachbarin kürzlich gefragt hatte, ob sie dort selbst gestrickte Hundepullis „in Kommission“ geben dürfe, haben die Wilhelms nun einen Holzhund in Klamotte, den der Vater am Hanfseil hält. Die Pullis entpuppten sich rasch als Verkaufsschlager. Sie unterbrechen unsere Teestunden inzwischen häufiger, als uns lieb ist.

Logisch, denke ich beim nächsten Bissen ins Brötchen. Schon steht das Herrchen vor mir, entschuldigt sich für seinen fresslustigen Hund. „Iwo, Herr Wilhelm“, entfährt es mir, denn er trägt sämtliche Kleidung der Berliner Papapuppe: knallgrüne Funktionsjacke, roter Schal, Cordhose, gelbe Stiefel. Ob er nicht gestern zufällig in Berlin gewesen sei? „Ja, shoppen“, nickt er, deutet stolz an sich herunter. Tatsächlich in unserem Laden. „Tatsächlich von Oma Finchen“, lache ich wissend, deute auf den Hundepulli. Felix Primus

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